Warum spendet ein armer Quechua so viel Geld?

Wer ihn fragt, kriegt die richtige Antwort

„Ich möchte an das Hospital Diospi Suyana einen Geldbetrag spenden“, sagt der freundliche Mann in den Sechzigern. In Peru ist so ein Beispiel höchst ungewöhnlich. Selbst die Reichen halten sich mit Spenden diskret zurück. Es geht meist um einen selbst und den engeren Familienverband. Das Allgemeinwohl steht nicht hoch im Kurs. Warum also um alles in der Welt steckt Don Lorenzo aus  der Stadt Andahuaylas einen so großen Geldbetrag in die kleine Holzkiste?

„Zweimal schon wurde ich am Hospital Diospi Suyana operiert“, bemerkt der dankbare Herr. „Auch meine Frau erhielt hier eine gute Behandlung!“ Die Dankbarkeit eines Menschen dringt durch, der diese Eigenschaft in der peruanischen Gesellschaft nicht lernen konnte. Die peruanische Lebensform drückt sich wahrlich nicht mit echten Gesten des Dankes aus. Hochtrabende Reden werden gehalten zu allen möglichen Themen. Aber die Rhetorik kann die fehlende Anwendung in der Praxis nicht übertönen.

Im September 2022 äußerte sich Nicolás Lúcar, der wohl prominenteste Radio- und Fernsehmoderators Perus, in seiner TV-Show „Hablemos Claro“ zu seinem Besuch des 15. Jahresfestes unseres Spitals. Sinngemäß meinte er, die Leute von Diospi Suyana hätten eine Kraft, die den Egoismus des Menschen überwunden hat. Eine interessante Aussage aus dem Munde eines Atheisten, der ursprünglich aus der links-radikalen Szene stammt.

Zurück zu Lorenzo. Wer in seinen Mund sieht, entdeckt eine ganze Reihe fehlender Zähne. Ein Zeichen von Armut in jedem Land der Welt. Als Reinigungskraft fällt sein Verdienst bescheiden aus. Aber der dankbare Ex-Patient ist auch überzeugter Christ. Er glaubt, dass alles Gute von Gott kommt und das „geben seliger ist als nehmen!“ Sein erstaunliches Verhalten basiert auf dem „Buch der Bücher“. Dabei macht er die Entdeckung, dass unsere Opferbereitschaft für andere uns selbst innerlich beschenkt.

Viele Europäer, US-Amerikaner und seine Volksgenossen aus Peru können von Lorenzo lernen. Die Höhe seiner Spende dürfte etwa 25 % seines Monatslohns entsprechen. Er gibt nicht aus seinem Überfluss, sondern aus seiner Armut. Und wenn er mit seiner Frau nach Hause fährt, wird er Gott danken und Diospi Suyana auch. /KDJ

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