Eine Berlinerin in Peru
In der ersten Klasse der Diospi-Suyana-Schule ist ganz schön was los. Nicht nur weil die 21 Schülerinnen und Schüler seit zwei Wochen mit viel Freude und Eifer dabei sind, sondern auch weil die 19 Peruaner und 3 Deutschen eine deutsche Klassenlehrerin haben. Damaris Brudy ist nach sieben Jahren Lehrtätigkeit an der Freien Christlichen Schule Berlin im Jahr 2014 nach Peru ausgewandert, weil sie darin ihre Berufung von Gott sieht. Und sie möchte von dem weiter geben, was sie in Deutschland gelernt und was sie geprägt hat.
Wenn man ihren Klassenraum betritt, merkt man schon auf den ersten Blick, dass sie mit Konzept arbeitet: Gruppentische, die Lehrerin sitzt hinter den Schülern, Platz für einen Sitzkreis, Leseecke, Klassendienste und Zahnputzregal. Die äußere Struktur weist auf eine klare Vorstellung von geregeltem Schulleben hin. Doch geht man mit ihr ins Gespräch, zeigt sich, dass der methodische Wandel vom klassisch-peruanischen „Frontal-Diktat-Unterricht“ hin zu einem offenen, schüleraktivierenden Unterricht noch viel tiefer geht. Was sie vor sich hat, ist eine Mammutaufgabe in mehrfacher Hinsicht: Sie unterrichtet die Kinder in Lesen und Schreiben mit einer selbst erstellten Anlauttabelle und mit Material, das sie mit Zuarbeit eines Freiwilligen aus dem Deutschen ins Spanische übersetzt. Damaris Brudy bricht auch das 45-Minuten-Raster auf; es wird in kleineren Portionen gelernt, praktisch alle Fächer jeden Tag; dazwischen gibt es viele Bewegungseinheiten. Eine Basis für diese und weitere Neuerungen haben in den vergangenen Jahren die Kindergärtnerinnen der Diospi-Suyana-Schule im Nachbargebäude gelegt mit einem autonomen Arbeiten in Lernsektoren.
Auf dem ersten Elternabend hatten die Väter und Mütter ihrer Schüler also eine Menge zu „verdauen“. Aber trotz mancher Angst vor dem Unbekannten war die Stimmung gut und das notwendige Vertrauen in die Lehrerin bahnt sich an.
Damaris wünschte sich von den Eltern Geduld mit dem Lerntempo ihrer Kinder. Und natürlich hofft sie, dass die Schüler auch zu Hause die Wertschätzung bekommen, die sie brauchen. Eines ist ganz sicher, in Gottes Augen sind wir alle wertvoll. /CB

Als mir Christian Bigalke einen Text und drei Bilder von Damaris Brudy schickt, schaue ich mir die Fotos genau an. Es muss schwer sein, in einer fremden Sprache einen Elternabend zu leiten. Dieser Gedanke setzt sich bei mir fest. Wäre sie in Berlin geblieben, wäre das Leben für sie viel einfacher. Vor einem halben Jahr hielt ich an ihrer alten Schule einen Vortrag. In den Gesprächen mit den Lehrern wurde schnell deutlich, wie sehr sie Damaris Brudy als Kollegin schätzten.
Die Berlinerin hatte die Anerkennung, die sich jeder Mensch in seinem Beruf wünscht. Was muss sich in ihrem Kopf abgespielt haben, um so einen riskanten Sprung ins Ungewisse zu wagen. Abends lausche ich gespannt in den Hörer, als Damaris mir ihre Beweggründe schildert.
“Eigentlich hätte ich mir nie vorstellen können in einem Entwicklungsland zu arbeiten, aber dann bot sich mir die Gelegenheit vor meinem Referendariat für zehn Wochen in Äthiopien bei Missionaren zu leben. In den letzten Jahren habe ich immer gebetet: “Gott bitte zeige mir, wenn ich aus Berlin weggehen soll. Ich bin bereit zu gehen!”
Es gibt 750.000 Pädagogen an deutschen Schulen. Wahrscheinlich kann man die Lehrer an einer Hand zählen, die so ein Gebet sprechen. 2013 erhält Damaris eine DVD über Diospi Suyana. Es berührt sie tief zu sehen, wie real Gott handelt. Kurz entschlossen schickt sie am 13. April 2013 eine E-Mail an unser Büro. Ihre Frage: “Wie könnte ich bei Diospi Suyana helfen!” Sie hat keine Ahnung, dass zu jenem Zeitpunkt bereits eine Schule im Bau ist. Keine 24 Stunden später rufe ich Damaris an.
“Damaris sehnst Du Dich manchmal an Deine Schule in Berlin zurück?”, frage ich sie ganz offen. “Gelegentlich schon, hier ist alles viel anstrengender!” Doch dann fährt sie fort: “Ich weiß aber, dass Gott meinen Einsatz in Curahuai bestätigt!”
Da will ich doch gleich mal nachhaken. “Du hast damals mehrere Monate über Deine Entscheidung gegrübelt. Hast Du Gottes Führung in irgendeiner Form erlebt?”
“Mir ist etwas ganz merkwürdiges passiert”, antwortet sie, “Christian Bigalke hat mich damals in Berlin besucht. Ich habe meine Sorgen und Fragen erst einmal für mich behalten. Doch er ging auf alle meine Punkte ein, ohne dass ich sie überhaupt geäußert hätte. Das war für mich ein ganz starkes Erlebnis!”
“Damaris, wir sind wirklich dankbar, dass Du Dich an unserer Schule so toll einbringst. Wenn Deine Zeit hier um ist, würde ich Dich am liebsten mit einer Schnur in Curahuasi anbinden!” Als ich das sage, klopft es gerade unten an der Haustür und das Gespräch ist beendet. /KDJ

Liebe Damaris, wir freuen uns sehr, dass Olivia mit Dir so eine tolle Lehrerin hat! Und Olivia freut sich auch sehr. 🙂 Schön, dass Du da bist!