Der Mann, der eine blutige Revolution vereitelte

John Wesley

Sonntagmorgen. Die Methodistenkirche in Waiblingen ist voll besetzt. 90 Minuten Diospi Suyana. Zwei Stunden später bin ich längst auf der Autobahn nach Österreich. Doch meine Gedanken sind noch beim Gründer der Methodisten. Er steht wie ein Gigant über dem 18. Jahrhundert Großbritanniens.

Das Land leidet an extremen sozialen Ungerechtigkeiten. Der Brandwein zerrüttet Familien und begünstigt die Prostitution. Ein Heer heimatloser Kinder streift durch die schmutzigen Straßen. Die Oberschicht verdient Millionen in den Bergwerken und an der boomenden Sklaverei. Die entrechtete Arbeiterschaft blutet. Die Revolution wird kommen, die Frage ist nur wann?

Mitten in diesen gesellschaftlichen Zerwürfnissen betritt John Wesley die Bühne Englands. Der Pfarrer predigt meist im Freien, da viele Kirchen ihm den Zutritt verweigern. Er fordert ganze Hingabe an Gott. Eine innere Bekehrung zu Christus sei der erste Schritt, und eine veränderte Geisteshaltung der zweite. Gerechtes Handeln des Einzelnen und der Gesellschaft. Niemand will so etwas hören. Der Prediger wird regelmäßig vom Pöbel  zusammengeschlagen. Er bleibt unerschütterlich. 45.000 Predigten hält er in seinem Leben. Eine halbe Million Kilometer legt er auf dem Pferderücken zurück. Und sein Eifer bleibt nicht folgenlos.

Es kommt zum großen Erwachen (Awakening). Tausende und Abertausende bekennen ihre Sünden und versuchen ein Leben zu führen, das Gott gefällt. Ihr radikaler Lebensstil führt zu einer Veränderung der Gesellschaft. Die Methodisten, allen voran Wesley selbst, kämpfen für die Abschaffung der Sklaverei, gegen Kinderarbeit, Ausbeutung und Alkoholismus.

Die positiven Umbrüche auf allen Ebenen der Gesellschaft sind derart gravierend, dass der Druck aus dem “Pulverfass” entweicht. Die Revolution in England findet nicht statt. So die Meinung vieler Historiker.

Seit zweihundert Jahren setzen sich Methodisten, eine der größten protestantischen Kirchen weltweit, für einen Glauben ein, bei dem Frömmigkeit und soziales Tun im Einklang stehen. William Booth, der Gründer der Heilsarmee, war Methodist wie auch Nelson Mandela.

Ach ja, 330 Bücher hat Wesley auch noch geschrieben. Wie er das geschafft hat, weiß nur Gott. Als er als 88-jähriger stirbt, ist er der meistgeliebte Mann Englands. So steht es in den Annalen geschrieben. /KDJ

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