Auf den Straßen Limas bei Nacht

Ein Firmenbesuch und drei Behördengänge liegen hinter mir. Für ein Mittagessen hatte ich keine Zeit. Aber jetzt am Abend will ich mir eine warme Mahlzeit genehmigen.

Draußen ist es schon längst dunkel. Um 8 Uhr verlasse ich mein Gästehaus in Südlima. Mein Blick fällt sofort auf einen jungen Mann, der gegenüber im Müll wühlt. Ich überquere die Straße und stelle ein paar Fragen.

“Was machen Sie hier?” – “Ich sammele Papier, dafür kriege ich Geld!”

“Wieviel verdienen Sie in einer Nacht?” – “So zwischen 8 und 15 Soles!” (2 – 4 USD)

“Wie alt sind Sie?” – “33!”

“Haben Sie eine Familie?” – “Ja, eine Frau und zwei kleine Kinder!”

“Wo wohnen Sie denn?” – “In Lima, wir haben einen Raum für uns vier!”

“Was bezahlen Sie für die Miete?” – “100 Soles plus 30 Soles für das Wasser!”

Ich verabschiede mich von Sr. Saúl V. und mache ich mich auf meinen Weg, denn ich habe echt Hunger. Auf der Avenida de Benavides ist abends immer viel los. Bei Pizza Hut gibt es ein Sonderangebot für 29,90 Soles. “Das ist doch der dreifache Tageslohn”, schießt es mir durch den Kopf. Gleich neben an gibt es ein KFC-Restaurant. Drinnen sehe ich eine lange Schlange vor der Kasse. Ich wende mich um und will wieder hinaus, da höre ich über den Lautsprecher ein Lied von Bob Dylan. “You are on your own, how does it feel…like a complete unknown, like a rolling stone!” – “Du bist ganz allein und wie fühlst Du Dich? Wie ein Namenloser, wie ein rollender Stein!” Meine Gedanken schweifen wieder zu Saúl V. im Müll da draußen.

Im dritten Anlauf betrete ich ein Chinarestaurant. Ich gönne mir eine leckere Hühnchensuppe für 8 Soles mit einer Fanta für 2 Soles. So verschwindet in zehn Minuten der Tageslohn von Saúl in meinem Magen.

Es ist zum Heulen.

Klaus D. John

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