Wie wir wurden, was wir sind

Die Bibel als Herzstück der westlichen Kultur

Als Buch der Bücher wurde die Bibel aus der Mitte gedrängt. “Allein die Schrift”, lehrte einst Martin Luther. Aber die Reformation ist lange her, und längst haben andere Kräfte ihren Alleinstellungsanspruch in den Ring geworfen. Dieser Verlust der Mitte ist heute mit Händen zu greifen. Vishal Mangalwadi, ein indischer Christ, Philosoph und Sozialreformer, hat genau das als “Beobachter von außen” großartig dokumentiert. Vor allem aber konzentriert er sich auf die Epochen der Gravitationskraft der Bibel, die über Jahrhunderte hinweg immer wieder Menschen inspirierte und Kultur erschuf. Ob Menschenrechte, technologischer Fortschritt, Musik Architektur oder Demokratie-Entwicklung; immer stand die kulturprägende Kraft der Bibel jenen Menschen zur Seite, die die Welt mit neuen Innovationen beschenkten.

Auszug aus Kapitel 5 “Mitmenschlichkeit” Seite 115

Der Kopenhagener Zoo brachte 1996 auf sehr eindrückliche Weise das säkulare Menschenbild zum Ausdruck, indem er ein Paar des Homo sapiens in einem Käfig ausstellte. Der Pressesprecher des Zoos, Peter Vestergaard, erklärte, die Präsentation solle die Besucher dazu zwingen, sich mit ihrer Herkunft auseinanderzusetzen und zu akzeptieren, dass “wir alle Primaten” seien.

Die Besucher beobachteten, wie die anderen behaarten Primaten an die Decke starrten, wie sie zwischen den Stangen hin und her sprangen und sich gegenseitig das Fell nach Läusen absuchten. Im Gegensatz dazu schraubten die eingepferchten Homo sapiens (Henrik Lehmann und Marlene Bodoft) an ihrem Motorrad herum, checkten ihre E-Mails, sandten und empfingen Faxe, lasen Bücher und stellten die Klimaanlage zu ihrem Wohlbefinden ein.

Der Zoo sah sich jedoch bald einem Problem gegenüber. Die herrschenden Gesetze, geformt durch eine “überholte” biblische Weltsicht, ließen den Homo sapiens fundamentale Rechte einfordern, zum Beispiel das Recht auf Freiheit. Der Zoo musste ihnen die Freiheit einräumen, für einen Opernabend und ein romantisches Abendessen ihren Käfig verlassen zu dürfen. Auch musste der Zoo sie für den Aufenthalt im Käfig bezahlen. Diese menschlichen Wesen lehnten es zudem ab, in der Öffentlichkeit ihren “natürlichen Bedürfnissen” nachzukommen. Sie schämten sich ihres “Intimverhaltens” und behaupteten, das sei ohnehin nicht interessant. Nach wenigen Wochen verließen beide Homo sapiens das Affenhaus. Das Experiment hatte sich als Verletzung ihrer Menschenwürde herausgestellt.

Auszug aus Kapitel 5 “Mitmenschlichkeit” Seite 119

Der Journalist Malcolm Muggeridge bemerkte auf seinen Reisen durch Afrika und Asien und besonders angesichts der Arbeit von Mutter Teresa, der Glaube an die Menschwerdung Christi motiviere viele Christen, auf Annehmlichkeiten zu verzichten und im Dienst für die Ärmsten der Armen ihr Leben aufs Spiel zu setzen.

Muggeridge, damals noch Atheist, entging dabei nicht, dass der atheistische Humanismus niemanden antrieb, das eigene Leben dem Dienst an den sterbenden Ausgestoßenen Kalkuttas zu widmen. Die westliche Kultur ist deshalb human, weil sie auf die Regeln eines Lehrers aufbaute, der stets den Wert des Menschen betont hatte. Als Jesus festhielt, dass der Sabbat für den Menschen da sei und nicht der Mensch für den Sabbat, hinterfragte er zugleich die Unmenschlichkeit seiner intellektuellen und religiösen Kultur. Der Westen wurde menschenfreundlich, weil die Humanisten glaubten, das Christi Menschwerdung und sein Tod gleichsam den Wert des Menschen zum Ausdruck bringen. Aber heute, da der Westen seine eigene Seele ablehnt, hat er keine andere Option, als die Individualität und Würde des Menschen für Illusionen zu halten.

(Das Buch der Mitte, Fontis Verlag Basel)

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