Señor Eugenio Sierna

Slider Taxifahrer Eujenio Sierna

Ein Ruf nach Gerechtigkeit und Brüderlichkeit

Zweieinhalb Stunden dauert die Fahrt von Cusco nach Curahuasi. Und diese Zeit vergeht wie im Flug, weil der Taxifahrer aus seinem Leben erzählt.

Eugenio Sierna ist 64 Jahre alt und hat eine Menge durchgemacht. Seine Familie lebte in der Nähe der Stadt Quillabamba im Bundesstaat Cusco. Um zur Schule zu kommen, musste er am Morgen 9 Kilometer laufen und am Nachmittag die gleiche Distanz zurücklegen.

Seine Eltern bearbeiteten als Pächter mühsam ihre kleinen Felder, die dem Inhaber einer Hazienda gehörten. Als sein Vater mit einer Nierenentzündung krank im Bett lag, drohte der Verwalter des Großgrundbesitzers ohne jegliches Mitgefühl die Felder der Familie wegzunehmen. Jeden Monat mussten die Campesinos für mehrere Tage die Plantagen der Hazienda kostenlos bearbeiten. Dieses System der Ausbeutung, Unterdrückung und Ungerechtigkeit dauerte in Peru bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts hinein.

Eugenio Sierna spricht nun über die Agrarreform des Jahres 1969. „Ich befand mich in Cusco und hörte im Radio die Ansprache des Präsidenten Velasco Alvarado. Er hatte sich an die Macht geputscht in der Absicht das Los der Bauern zu verbessern!“ Eugenio schluchzt als er fortfährt: „Der Präsident sagte in seiner Ansprache am 28. Juli – Von heute an seid ihr alle frei. Das Land, das ihr mit Eurem Schweiß bearbeitet, gehört Euch selbst – !“ Der Taxifahrer entschuldigt sich für seine Tränen. Doch das muss er nicht. Meine Frau, unser Sohn Florian und ich können mitfühlen.

45 Jahre sind seit dieser Ansprache vergangen. Natürlich weiß auch Sr. Sierna, dass die Agrarreform mit der nachfolgenden Inkompetenz und Korruption ins Leere verlief. Aber er und seine Eltern waren frei und sie blieben es, freie Staatsbürger.

Eugenio hat im Laufe seines langen Lebens viel erlebt und viel gelesen. Obwohl schon die Propheten des Alten Testamentes gegen jede Form der Ungerechtigkeit und Unterdrückung predigten, stand die Katholische Kirche in Südamerika mehrheitlich auf Seiten des oppresiven Systems – 500 Jahre lang.

Jetzt ist es halb drei und in wenigen Minuten beginnt die zweite Halbzeit des Weltmeisterschaftsfinales. Müde laden wir in Curahuasi unsere Koffer ab und trinken etwas Kaltes.

Als ich Eugenio das vereinbarte Fahrgeld sowie das Buch über Diospi Suyana aushändige, bin ich tief am Grübeln. Wenn ich nicht Christ wäre, vielleicht hätte auch ich mich einer revolutionären Bewegung angeschlossen. /KDJ

Click to access the login or register cheese