Die erstaunliche Wendung

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In einem Dorfgemeinschaftshaus

Geht alles nach Plan, dann soll in drei Wochen der große Antennenturm oberhalb der Stadt Andahuaylas aufgebaut werden. Das Grundstück ist gekauft, die Ausrüstung bestellt und bezahlt. Alles bestens, würde man meinen. Aber es gab da noch eine Hürde und die hofften wir gestern mit einem großen Sprung zu überwinden.

“Wir wollen keine weitere Antenne auf diesem Berg!” So hatten sich die Campesinos geäußert, die etwa einen halben Kilometer entfernt leben. Obwohl schon sechs Antennentürme seit Jahren von diesem idealen Sendeplatz Programme ausstrahlen. Eigentlich hat die Dorfgemeinschaft kein Mitspracherecht. Der Hügel gehört nicht zu ihrem Land und das wissenschaftliche Strahlungsrisiko einer FM-Antenne liegt bei dieser Entfernung bei Null.

1o Uhr 10 am Vormittag. Wir brechen auf. Nach einer atemberaubenden Fahrt über hohe Pässe und tiefe Täler erreichen wir den Antennenplatz. Chris Welch ist begeistert. Der Experte aus Australien bestätigt sofort die ideale Lage. – Um 17 Uhr kommen wir zum Gemeinschaftshaus des Dorfes. Der Bürgermeister hat die Bauern zu einem Hearing eingeladen. Aber niemand ist da. Ob es vielleicht an dem Nieselregen liegt oder am allgemeinen Desinteresse der Bevölkerung?

Dann trudeln doch einige Quechuas ein. Um 18 Uhr hat sich das Publikum auf 14 Personen erhöht. Die Stimmung ist nicht gut. Einer sagt: “Wir wollen keine Antenne mehr, basta!” Wird das Treffen überhaupt stattfinden? Kurz vor 19 Uhr sitzen 50 Campesinos im ersten Stock des Gebäudes. Es ist düster im Raum. An der Decke hängt eine Energiesparlampe. Gegen das Durchregnen schützt eine Plastikplane.

Chris Welch und ich haben uns zuvor in eine Ecke zurückgezogen und Gott um seinen Segen gebetet. Doch der scheint auszubleiben, denn als der Bürgermeister den Bauern das Wort erteilt, hören wir nur feindselige Kommentare. “Die können eigentlich sofort wieder abdampfen”, brummt ein Quechua, “wir brauchen keine Antenne und diese Veranstaltung auch nicht!” Werde ich also gleich meinen Laptop und Beamer wieder einpacken? Neun Stunden durch die Berge, für nichts und wieder nichts.

“Der Bürgermeister hat uns eingeladen, deshalb sind wir aus dem fernen Curahuasi angereist!”, sage ich mit einem gewissen flehentlichen Unterton. “Ja”, ruft ein Bauer, “es wäre eigentlich nicht sehr freundlich von uns, wenn wir die beiden da vorne nicht anhören würden!”

Der Bürgermeister erteilt mir das Wort. Einmal mehr erzähle ich die Geschichte eines Krankenhauses, dessen Gründung sich logischen Gedankengängen entzieht. Gott wurde sichtbar durch seine Fügungen und Wunder. Eine ganze Stunde lang bleibt es still im Dorfgemeinschaftshaus. Die Bilder brechen sich Bahn in die Herzen der Zuhörer. Eine Klinik, eine Schule und ein Medienzentrum für sie. Es gibt keine versteckten Gewinnabsichten. Diospi Suyana möchte zuallererst den Quechua-Indianern helfen.

Die Diskussion wird eröffnet. Einer nach dem anderen drückt nun seinen Dank aus und beteuert, dass er nichts aber auch gar nichts gegen eine weitere Antenne einzuwenden hätte. Der Präsident des Dorfes sagt: “Wir sollten noch einmal eine Sitzung einberufen und unsere Zustimmung schriftlich festlegen, aber die Leute von Diospi Suyana können eigentlich sofort mit dem Bau ihres Turmes beginnen!”

“Vor fünf Jahren hat Doktor Oliver (Engelhard) meine Frau in diesem Krankenhaus bestens behandelt!”, erzählt ein Quechua-Indianer dankbar. Auch einige andere melden sich lobend zu Wort. – Die Kuh ist vom Eis. Gott hat unsere Gebete erhört.

Um kurz nach 20 Uhr packen wir unsere Sachen zusammen. 230 Kilometer zurück. Von einer Kurve in die nächste. Durch Nebelbänke und Regengüsse. Immer auf der Hut vor Steinen, die von den Abhängen auf die Straße gerutscht sind. Um halb eins in der Nacht treffen wir wieder in Curahuasi ein. Todmüde, aber dankbar. /KDJ

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Der Australier Chris Welch inspiziert das Gelände. Der Standort ist perfekt.
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