Tausend Kilometer nach Sibirien

Nach Sibirien sind es mehr als 1000 Kilometer, das weiß jeder. Aber gestern fuhr ich zu einer wichtigen Zeitschrift nach Hamburg, die vor Weihnachten eine Reportage über Diospi Suyana veröffentlichen will. Die Fahrt hin und zurück bringt einen vierstelligen Betrag auf den Tacho meines Leihwagens. Aber während der langen Reise entführte mich ein Hörbuch in die endlosen Weiten Sibiriens.

Es geht um das traurige Leben von Elisabeth Thiessen. Als Fünfzehnjährige besucht sie im Frühsommer 1912 einige Verwandte in der Ukraine. Was als ein kurzer Besuch geplant ist, wird durch die Wirren des 1. Weltkrieges, der Revolution und des 2. Weltkrieges zu einer Foltertour ihres Lebens. Erst nach 55 Jahren kann sie ihre deutsche Heimat wiedersehen.

Das Hörbuch dauert 3 1/2 Stunden und geht an die Grenze der psychischen Belastbarkeit. Ihr Haus brennt nieder. Der Mann wird in der Nacht von der Geheimpolizei abgeholt und alle ihre fünf Kinder sterben ihr in den Armen weg.

Sie lebt 35 Jahre in sibirischer Verbannung. Aus Verzweiflung bringt sie kein Gebet mehr über ihre Lippen. Kurz vor Hamburg ist das Hörbuch fertig und ich auch. Tränen rinnen mir mein Gesicht hinunter. Das unfassbare Leid eines menschlichen Schicksals lässt mich erschaudern.

Zur wahren Erlösung wird für Elisabeth Thiessen nicht ihre Ausreise nach Deutschland im Jahr 1966, sondern ihr Tod.  Im Himmel wird es keine Tränen mehr geben. Dann hat auch das Hospital Diospi Suyana ausgedient. Die Erfahrungsreise mit Gott geht allerdings auch dort weiter.  KDJ

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