Die Akte “Constructec”

In diesem Monat schloss sich die Akte Constructec und damit ein aufregendes Kapitel in der Geschichte von Diospi Suyana.

Januar 2007: Diospi Suyana trennte sich von der Baufirma Constructec. Gemäß dem Auflösungsvertrag musste Diospi Suyana noch eine letzte Zahlung von rund 39.000 USD an das Bauunternehmen entrichten.

Einige Tage nach Unterschrift erbat Bauingenieur Udo Klemenz von Constructec die Belege über die Versteuerung ihrer Gewinne. Eine Summe von 34.000 USD hatte Constructec von uns kassiert, um in Peru die notwendigen Steuern an den Staat abzuführen. Diospi Suyana als gemeinnütziges Werk hätte dann vom Finanzamt den gleichen Betrag nach Antragstellung wieder zurückerhalten.

Mehrere unfreundliche E-Mails gingen hin und her. Es wurde deutlich, dass Constructec die Steuern hinterzogen hatte. Inhaber Carlos Pullas war mit dem Geld verschwunden und hatte logischerweise Diospi Suyana um diesen Betrag geschädigt. Denn Diospi Suyana konnte natürlich nicht um eine Steuerrückerstattung bitten, wenn Constructec die anfallenden Steuern gar nicht bezahlt hatte.

Die Lösung lag auf der Hand. Diospi Suyana zog die 34.000 USD einfach von den 39.000 USD des Auflösungsvertrags ab. Udo Klemenz, Olaf Böttger und ich waren zufrieden. Carlos Pullas aber ärgerte sich total. Der Ecuadorianer hatte die Steuern doch hinterzogen um sich um diesen Betrag zu bereichern, jetzt sah er seine Felle wieder davon schwimmen.

Am 26. Mai 2008 versuchte Carlos Pullas mit Hilfe von Coface den Betrag von uns einzufordern. Coface ist ein weltweites Unternehmen, das sch auf das Eintreiben von Schulden versteht. Unser Buchhalter Edgar Montalvo und ich flogen sofort nach Lima und erläuterten den Sachverhalt. Coface hatte vorher nichts von den hinterzogenen Steuern gewusst. Jetzt legten sie den Fall zu den Akten und entschuldigten sich bei uns für die entstandenen Unannehmlichkeiten.

Im Sommer 2008 zeigte Diospi Suyana die Baufirma Constructec offiziell wegen Steuerhinterziehung an. Jetzt läge es am peruanischen Finanzamt alle notwendigen Schritte einzuleiten.

Der Albtraum ging weiter, denn am 29. Oktober 2008 erstattete Constructec Anzeige gegen Diospi Suyana beim Gericht in Curahuasi. Es folgen mehrere Verhandlungsrunden. Immer wieder besprach ich den Fall mit den Anwälten der Kanzlei Olaechea in Lima. Diese Angelegenheit raubte mir eine Menge Schlaf, meine Zeit und oft meinen Frieden.

Es gingen 2 ½ Jahre ins Land bis der Richter in Curahuasi am 22. März 2011 sein Urteil verkündigte. Er entschied gegen Diospi Suyana. Im Richterspruch argumentierte er, dass Diospi Suyana die finanziellen Verpflichtungen des Auflösungsvertrags erfüllen müsse. Andere Gerichte könnten sich dann mit der Steuerhinterziehung durch Constructec beschäftigen. Binnen weniger Tage erhob Diospi Suyana Einspruch beim Obersten Gerichtshof von Apurímac.

Nun hieß es warten und warten. Die Positionen der Richter wurden am Gerichtshof mehrmals neu besetzt. Man sagte uns, dass sich unsere Prozessakte ganz unten im Stapel befände. Aber die Zeitbombe tickte, der Fall würde nicht verjähren. Sollte sich der Oberste Gerichtshof der Meinung des Richters aus Curahuasi anschließen wartete auf Diospi Suyana eine Zahlung von rund 50.000 USD, nämlich die 34.000 USD Streitwert, die Zinsen seit Anfang 2007 und die Prozesskosten der Gegenseite.

In unseren montäglichen Gebetstreffen brachte ich das Thema regelmäßig auf. Zwei Jahre lang beteten wir Woche um Woche in diesem kleinen Kreis für einen guten Ausgang. Mir gingen die Worte aus dem 23. Psalm hundert Mal durch den Kopf: „Er (Gott) führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen!“  Wir hatten doch stets behauptet, dass Diospi Suyana ein Krankenhaus des Glaubens sei. Erbaut durch Gottes Treue und seine Wunder. Ging es in diesem Prozess also nicht auch um den Ruf Gottes?

Am 26. April 2013 erfuhren wir per Zufall, dass sechs Monate zuvor der Oberste Gerichtshof das Urteil längst gefällt hatte. Unser Kontaktmann in der Stadt Abancay hatte uns also überhaupt nicht informiert. Es dauerte mehrere Stunden bevor wir den Inhalt der Urteilsverkündung kennenlernten. Ich atmete erleichtert auf. Der Gerichtshof folgte zum Teil unserer Beweisführung. In einer weiteren Gerichtsverhandlung müsse der Richter in Curahuasi auch den Schaden berücksichtigen, den Constructec uns durch seine Steuerhinterziehung zugefügt habe.

Am Nachmittag wurde ich bei der Friedensrichterin von Curahuasi vorstellig. Der frühere Richter war längst in eine andere Stadt versetzt worden.

Die Richterin schaute mich fragend an und sagte: „Sie waren neulich bei der Gerichtsverhandlung gar nicht dabei!“ Ein Gefühl von Panik kroch in mir hoch. Offensichtlich hatte uns unser Kontaktmann in Abancay auch den Gerichtstermin verschwiegen. Diospi Suyana hatte also beim Prozess durch Abwesenheit geglänzt. „Aber die Anwälte der Gegenseite fehlten ebenfalls“, schob die Richterin nach. Ich blicke ungläubig in ihr Gesicht. „Was bedeutet das?“, fragte ich voller Spannung. Die Dame merkte wie meine Augen an ihren Lippen hingen. „Wenn die Anwälte beider Seiten nicht erscheinen, wird ein Prozess archiviert. Er ist zu Ende!“

Nach einer Auseinandersetzung von fast sieben Jahren hatte Diospi Suyana damit die Auseinandersetzung gewonnen. Wenige Minuten später saß ich bei Udo Klemenz im Baubüro der Diospi-Suyana-Schule. Wir beide falteten die Hände und dankten Gott aus tiefsten Herzen für seinen Segen. Es heißt in der Bibel, dass Gott es manchmal den Seinen im Schlafe gibt. So war es auch diesmal, denn während der vergangenen Monate hatten wir vom Fortgang der Dinge keine Ahnung gehabt. Aber trotz unseres Nichtwissens und Nichterscheinens hatten wir am Ende die Oberhand behalten.

Gestern kehrte ich von meiner Rundreise durch Europa und die USA nach Curahuasi zurück. Auf meinem Schreibtisch fand ich die schriftliche Nachricht über das Prozessende. Vielleicht sehen auch Sie in dieser News Grund genug für ein Dankgebet. /KDJ

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