Welche Kraft macht so etwas möglich?

Um Punkt drei in der Nacht steht mein Fahrer vor der Tür. Während er 2 1/2 Stunden die Serpentinen rauf- und runterjagt, döse ich auf dem Rücksitz vor mich hin. Ich habe keine Ahnung, was mich in Lima erwarten wird, wenn meine Maschine auf dem Rollfeld landet.

Eigentlich geht es nur um einen einzigen Termin und der ist alles andere als angenehm. Ein Beamter der Universität Villareal will die Anerkennung unser deutschen Ärzte-Titel blockieren. Ob ich ihn umstimmen kann? Obwohl meine Gedanken vor Müdigkeit immer wieder im Halbschlaf einmünden, bete ich um Gottes Segen – voller Hoffnung und voller Sorge zugleich.

Um 11 Uhr betrete ich das große Gelände der Universität am Rand der Metropole Lima. Hinter dem Grundstück liegen die wasserlosen Hügel, die ein wenig an eine Mondlandschaft erinnern.

Das Gesicht des Beamten verrät alles. “An meinem Schreibtisch ist für Sie Endstation. Ich habe die Macht, Sie auflaufen zu lassen.” Er hat nicht das geringste Interesse meine Präsentation über Diospi Suyana zu sehen. Eine halbe Stunde später schleiche ich etwas mutlos durch das Tor der Uni auf die Straße. Dieser Tag ist eigentlich schon gelaufen – oder kommt noch mehr?

Was könnte ich jetzt machen? Ich entscheide mich den Evangelischen Kirchenrat aufzusuchen. Die Fahrt durch Lima dauert rund 30 Minuten und kostet mich 12 Soles (3 Euro). Die Sekretärin dort hat immer Zeit für mich.

Nach einigen Telefongesprächen mit dem Apparat dieser lieben Dame, sehe ich den ersten Hoffnungsschimmer des Tages. Der Vize-Gesundheitsminister ist bereit mich am Freitag um 8 Uhr in der Frühe völlig außerplanmäßig zu empfangen.

Meine nächste Station ist die Behörde “APCI”, die alle Aktivitäten der Nichtregierungsorganisationen reguliert. Sr. Vicente wird zum Boten einer guten Nachricht. Am Freitagnachmittag kann ich ein Dokument abholen, das die Einreichung eines Antrags auf Steuerrückerstattung ermöglicht. Seit zwei Monaten hatte ich von diesem Schrieb geträumt.

Aufs Geradewohl fahre ich zum Finanzamt, warte ich doch seit mehreren Monaten auf die Rückerstattung der Mehrwertsteuer des Monats September.

Ich ziehe eine Nummer und traue meinen Augen nicht, als meine Zahl sofort auf allen Anzeigentafeln flimmert. Die Dame am Schalter 34 ist sehr freundlich. Ich mache einen inneren Luftsprung, denn tatsächlich, der Scheck liegt für mich bereit. Damit fließen rund 12.000 USD in die Kassen des Spitals, Geld, das wir auch dringend brauchen.

Auf der Bank in Südlima kann ich es kaum erwarten den Scheck einzuzahlen. Mehrmals prüfe ich alle Daten auf dem Beleg. Kein Zweifel, das Missionspital hat über Nacht zusätzliche 30.536 Soles in der Kasse.

In einer deutschen Bäckerei genehmige ich mir einen Orangensaft und ein belegtes Brötchen. So langsam gefällt es mir, wie sich der Tag entwickelt.

Nebenan kann ich gleich meine E-Mails abrufen. Seitdem der Besitzer des Internet-Cafes weiß, was wir machen, weigert er sich von mir Geld anzunehmen. Ein Strom von E-Mails wandert vom Server auf meine Festplatte.

Unter den vielen Nachrichten schreibt die Firma Heine, dass Sie gerne Augenspiegel (Ophtalmoskope) spenden möchte. Meine Zufriedenheit wächst stetig. Eine weitere E-Mail ist dann ein echter Hit. Der peruanische Gesundheitsminister schreibt dem Präsidenten des Bundesstaates Apurímac, er möge doch so schnell wie möglich die Zufahrt zum Missionsspital Diospi Suyana asphaltieren. Seit einem Jahr lagen meine Anträge auf den Schreibtischen diverser Behörden in Abancay.

Die Abendsonne legt sich über Lima, als eine weitere Überraschung in meinem Laptop eintrudelt. Der Gesundheitsminister bietet mir für die nächste Woche eine Audienz an. Langsam reichen die fünf Finger einer Hand nicht mehr aus die guten Nachrichten zu zählen. Die Sonne kann jetzt untergehen, der 27. März 2008 war einfach spitze.

Entspannt sitze ich im Taxi im Verkehrsgewühl der Innenstadt Limas. Nur zweimal muss ich mir die Ohren zuhalten, als die Autos hinter uns alle Verkehrprobleme dieser Welt mit der Hupe lösen wollen.

Für zwei Minuten – oder sind es drei – springe ich in ein Geschäft der Medizintechnik. Bis zum 15. April soll diese Firma 168 Posten für Diospi Suyana hergestellt haben. Betten, Infusionsständer, Schränke und Rollstühle werden hoffentlich in drei Wochen auf die Reise nach Curahuasi gehen.

Der Kauf eines Druckers für mein Büro bleibt nur eine kleine Randnotiz am Abend. Man darf also einen Tag niemals zu früh verloren geben. Mit Gottes Segen ist immer eine positive Wende möglich.

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