Was treibt diesen Mann an?

Anästhesist Dr. Jose Rojas zum x-ten Mal im Hospital Diospi Suyana

Vor sechs Wochen machte er noch eine Covid-Erkrankung durch. Trotz einiger Risikofaktoren hat er sich erholt. Am Dienstag flog er von Trujillo nach Lima und von Lima nach Cusco. Am späten Nachmittag traf er dann nach einer dreistündigen Taxifahrt in Curahuasi ein.

Gestern leitete er den ganzen Tag über in den Operationssälen die Narkosen. Doch gegen 17 Uhr saß er in meinem Büro und erzählte mir aus seinem Leben.

Der 63-Jährige verbrachte seine Kindheit in der Küstenstadt Ica. Jose und seine zehn Geschwister waren nicht besonders religiös. Das lag wohl an seinen Eltern. Die nominellen Katholiken interessierten sich nicht sonderlich für Gott, Glaube und die Kirche. Wenn allerdings zweimal im Jahr die Prozessionen durch die Stadt zogen, durfte Jose  gemeinsam mit anderen den Schutzpatron tragen.

Mit 18 Jahren stand der junge Mann kurz vor dem Eintritt in die Universität. Jose betrieb aktiv Sport und nach außen hin schien es ihm gut zu gehen. Doch im Inneren konnte er eine Frage nicht beantworten: “Wer bin ich eigentlich?” und “Wo gehöre ich hin?”

Politisch sympathisierte er mit linkem marxistischem Gedankengut wie so viele seiner Gleichaltrigen. Aber bei den religiösen Umzügen fühlte er sich auch irgendwie als Christ, was immer das bedeuten mochte. – Eines Tages gründeten einige Missionare in seiner Nachbarschaft eine neue Kirchengemeinde. Jose und seine Freunde machten sich gerne lustig über diese Frommen. Aber irgendwann ließ er sich dann doch zu einem Gottesdienst einladen. Das war vor 44 Jahren. Es dauerte nicht lange und der angehende Student wusste, dass nur Gott die innere Unruhe stillen und ihm Frieden geben könnte.

Der Vater von fünf Kindern hatte mir schon am Telefon gesagt, dass er auch diesmal wieder kostenlos mitarbeiten würde. Einen ganzen Monat lang. “Mein Einsatz bei Diospi Suyana ist ein Dienst für Gott!”, sagte der Anästhesist am Tisch und lächelte tiefgründig.

Ob Dankbarkeit eine Rolle spielt, die Corona-Erkrankung heil überstanden zu haben? Mag sein. Wie dem auch sei, zwischen seinen Worten hörte ich heraus, dass er die Lebenszeit, die ihm noch bleibt, Gott zur Verfügung stellen möchte. /KDJ

Dr. Jose Rojas bei einem Arbeitseinsatz in Curahuasi im Januar 2012.Der Anästhesist sitzt beim Abendessen am Kopfende des Tisches. Seine Tochter Selene (rechts neben ihm) arbeitet mittlerweile als Psychologin am Hospital Diospi Suyana. (Bild: Dr. Frank Schönbach)
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