Und auch so gefährlich!
Dienstag, der 17. Februar: Mein Flug mit Avianca von Cusco nach Lima soll um 9:15 Uhr beginnen. Doch der Flughafen liegt in Wolken und fast alle Flugzeuge bleiben wegen schlechter Sichtverhältnisse am Boden. Schließlich zwei Stunden später rollt unser Airbus der Startbahn entgegen. Das dauert eine Weile, da vor uns noch weitere Maschinen auf den Abflug warten. Endlich sind wir an der Reihe. Gleich werden die Triebwerke aufheulen und der Flieger sein Tempo beschleunigen. Obwohl ich vor mich hindöse, merke ich, dass wir uns wieder zum Gate zurückbewegen. Was ist los? Da meldet sich der Pilot über die Sprechanlage mit blumigen Worten. Lange Rede kurzer Sinn: Er will die Maschine erst noch auftanken. Das hat er wohl vorher vergessen. Kompliment an den Kapitän! Wäre ihm dieses kleine Detail drei Minuten später eingefallen, hätten wir wohl irgendwo notlanden müssen. Da wir uns nach dem Tanken wieder in die Warteschlange einordnen, kommt es zu weiteren 75 Minuten Verspätung. Trotzdem bin ich dem Piloten dankbar, denn in der Tat ist Kerosin beim Fliegen nicht ganz unwichtig.
Donnerstag, der 19. Februar: Ich stehe in Lima am Schalter von Avianca und bitte um meine Bordkarte. “Den Flug nach Cusco haben wir abgesetzt!”, sagt der Angestellte vor mir gelassen. Weder über Telefon noch E-Mail hat man die Fahrgäste informiert. Ich bin aber der Fünfte und damit Letzte, der auf einen Linienflieger der Gesellschaft Lan umgebucht wird. Über die Verspätung von 45 Minuten darf man sich überhaupt nicht aufregen. Die Amerikanerin neben mir wird allerdings morgen früh nicht Machu Picchu, sondern ihr Hotelzimmer in Lima vor Augen haben.
Donnerstag, der 19 Februar gegen 17 Uhr: Es war ein ruhiger Flug über die Anden. Und das Flugzeug nähert sich dem Flughafen von Cusco. “Crew, bitte für die Landung vorbereiten!”, meldet sich die Stimme aus dem Cockpit. Wir schweben über den Häusern der Stadt der Landebahn entgegen. Plötzlich gehen die Turbinen wieder auf volle Touren. Soeben hat der Kapitän die Maschine nach oben gerissen. Jeder im Flugzeug weiß, dass das nicht normal ist. Auch die Stewardess, die vorne angeschnallt sitzt, wirkt nervös. Welche Erklärung wird der Pilot den 150 Passagieren geben? – Lag es vielleicht am Fahrwerk oder den Landeklappen? Möglicherweise stand auf der Piste noch ein anderes Flugzeug. Die Fahrgäste werden es nie erfahren, denn der Pilot schweigt sich aus. 20 Minuten später setzten wir im zweiten Versuch auf, als ob nichts gewesen wäre.
Donnerstag, der 19 Februar um 18:30 Uhr: Ich sitze in einem Minibus und freue mich darauf, gegen 20:30 Uhr in Curahuasi einzutreffen. Da fällt mir auf, dass der Fahrer verdächtig langsam fährt. Bei jedem Bremsversuch knirscht es deutlich hörbar. Der Chauffeur wirft zum Bremsen den 2. Gang rein und dann den ersten. Doch einmal ist er nicht schnell genug. An einer roten Ampel muss er ruckartig auf eine Seitenspur ausweichen, um einen Aufprall mit den Autos vor uns zu vermeiden. “Ihre Bremsen sind kaputt!”, rufe ich durch die Kabine. “Nein, es ist alles in bester Ordnung, Pastor!”, antwortet der Fahrer. Ich bin zwar kein Pastor, aber beim Zustand des Wagens ist ein Vokabular aus der Welt des Glaubens durchaus angebracht.
Wir halten an einer Tankstelle. Ich steige auch aus und spreche mit dem Fahrer im Vertrauen. “Was ist los mit den Bremsen?” – “Keine Sorge, antwortet mir der junge Mann, die Bremsen habe ich gleich wieder repariert. Das wird nur zehn Minuten dauern!”
Ich greife nach meinen Taschen und rufe den anderen Fahrgästen zu: “Die Bremsen sind defekt. Ich gehe jetzt, denn ich habe eine Frau und drei Kinder!” Eine Dame antwortet: “Wir haben auch Familien!” Aber leider zieht sie eine andere Schlussfolgerung. Sie und die anderen bleiben dem Fahrer und seinem Himmelfahrtskommando treu. Ich bin der einzige, der die Fahrgemeinschaft verlässt. “Es wird schon gut gehen!” So lautet der gängige Spruch in Südamerika. Die schrecklichen Unfälle, die sich tagtäglich in den Anden ereignen, zeigen leider, dass dieser Satz oft ein Trugschluss ist.
Zehn Minuten später steige ich in einen großen Bus ein. So komme ich zwar erst um 21:30 Uhr nach Curahuasi, aber wie sagt man so schön in Peru: “Mejor tarde que nunca!” Besser spät als niemals.
Lieber Pastor 🙂 Klaus,
danke für den gut geschriebenen Bericht, der mir aus der Seele spricht. Wie du weißt, habe ich ja eine leicht erhöhte Risikobereitschaft, aber auf Dauer kratzen solche Erfahrungen an den Nerven…. .
Herzlicher Gruß von Jens Hassfeld