Schlagloch-Safari und gebrochener Arm

Zwei picke-packe-volle Drehtage liegen hinter uns. Und damit auch jede Menge Abenteuer und Spaß!

Alles begann am Dienstagvormittag mit grünen Schuhen, grünen Kitteln, Mundschutz und Mütze.

Nein, wir sind nicht aus der Schwarzwald-Klinik ausgebrochen und haben auch keine Ambitionen, bei den 7 Zwergen anzufangen, sondern wir haben uns in den OP-Raum 1 mit hineingeschlichen – ganz steril. Nur unser Wuschel-Mikrofon hat keine Mütze abgekriegt…. (siehe Bild im Anhang) Die OP-Säle hier in Curahuasi sind extrem modern, wie in Deutschland. Der Mix aus peruanischen und deutschen OP-Mitarbeitern und Ärzten klappt bis auf die eine oder andere Missverständlichkeit recht gut.

Am Nachmittag kam dann endlich mal seit 4 Tagen die Sonne über dem Hospital raus, was wir sofort nutzen wollten, um mit Klaus auf einen Berg zu fahren, um Außenaufnahmen vom Krankenhaus zu machen.

Klaus "ich-bin-früher-Rallyefahrer-gewesen" John schickte seinen Allrad-Jeep an, innerhalb 30 Minuten über die Panamericana und die letzten 4 km Schotterpiste zu heizen. Die Schlaglöcher, Hubbel, Vertiefungen und Bodenwellen hätten jeden deutschen Straßenmeister in Ohnmacht fallen lassen – Klaus aber zwang seinen Jeep unbarmherzig über das kaum noch befahrbare Terrain. Nach dem sich Mario und Micha auf der Rückbank mehrfach den Kopf am Autodach stießen, weil die Stoßdämpfer leider das 50cm tiefe Loch einfach nicht ausgleichen wollten, ließ sich Klaus herab, "Achtung" zu rufen, wenn er durch ein Schlagloch fuhr. Leider aber kam das Achtung in der Regel erst NACH dem Schlagloch – und nur noch 10 Minuten bis zum Sonnenuntergang. Da wurde doch gleich noch ein bisschen mehr aufs Gas gedrückt und Klaus schickte schon mal vorsorglich ein paar "Achtungs" Richtung Rückbank.

Es kam wie es kommen musste: wir auf Berg, Sonne hinter Berg, wir unglücklich, Klaus: "Ei, dann fahren wir halt morgen noch mal hoch". Wir haben wirklich versucht, uns darauf zu freuen! 😉 Der Intensiv-Pfleger Michael Mörl, der auch insgeheim der wahre Hausmeister des Krankenhauses ist, profilierte sich an diesem Tag (wie jede Woche) als deutscher Bäcker und zauberte aus den aus Deutschland gespendeten Industrie-Backöfen echtes deutsches Vollkorn-Brot! Eine echte Wonne.

Der Mittwoch startete früh morgens um 7:30 Uhr mit Martina John auf Station: Chefvisite. Gefühlt waren wir innerhalb weniger Stunden an 1000 Stellen, um eindrucksvolle Bilder vom Diospi-Alltag zu sammeln: Labor, Consulta, Wäscherei, Werkstatt, Intensiv-Station, Küche, Physiotherapie…

Am Nachmittag ging uns ziemlich die Pumpe – da machten sich die 2600 Höhenmeter dann doch ruckzuck am Kreislauf bemerkbar, als wir hinter dem Hospital eine Anhöhe erklommen, samt komplettem Equipment. Keuchend standen wir zwar oben mit traumhaftem Blick auf das Krankenhaus, das Tal und die wunderschönen Schneeberge, unterschätzt hatten wir die Anstrengung dann doch.

Aber was kam dann? Unser Safari-Klaus trat wieder in Erscheinung und lud uns zu einem weiteren Adventure-Trip auf den Berg ein, um heute – bei strahlendem Sonnenschein – endlich die Außentotale zu drehen. Was eigentlich ganz entspannt beginnen sollte, wurde mit den ersten Metern Schlagloch-Piste genauso hektisch wie gestern, als Klaus nämlich feststellte, dass er nur noch 60 Minuten Zeit hat, um uns hinauf und dann wieder heil ins Tal zurück zu bringen (er hatte eine Besprechung). – Und schon flogen wir wieder der Bergspitze entgegen ("Oh – achtung Hubbel").

Wir auf Berg, Sonne am Himmel, Hospital im Glanze, Klaus zufrieden im Gras sitzend.

Nach einer kurzen Stippvisite in einem ärmlichen Bauernhaus mit gefühlten 1000 Meerschweinchen auf dem Boden (da war es so dunkel, die sieht man ja auch nicht, immerhin quieken sie, wenn man aus Versehen auf sie tritt), folgte die ruckelige Talfahrt, an dessen Ende Klaus fast einen auf dem Feldweg schlafenden Hund überfahren hätte… Das hätte den örtlichen Tierschutzverein sicher nicht gefreut.

Dann kam unser erster Notfall:

für unseren Film ließen wir den nagelneuen Krankenwagen mit allen Blinklichtern und heulenden Sirenen mehrfach (!) die Auffahrt vor dem Krankenhaus hinauffahren.

Als wir wenige Meter weiter das gleiche vor dem Haupteingang filmen wollten, warteten schon zwei Krankenschwestern mit Krankenliege vor dem Eingang – sie wurden durch die Sirenen aufgeschreckt, dachten an einen Notfall, alarmierten sogar den diensthabenden Arzt. Man, war uns das unangenehm, immerhin hatten wir jetzt gute Bilder vom neuen Ambulanzwagen und die Krankenschwestern haben wenigstens mal für den Ernstfall geübt. 😉 Unser zweiter Notfall war dann ganz real.

Nach einer tollen Lasagne zum Abendessen bei Stefan und Petra wollten wir eigentlich bis zum anschließenden Hauskreis warten, als plötzlich Stefans Handy klingelte und ein dringender Kaiserschnitt im Krankenhaus gemeldet wurde, worauf er fluchtartig das Haus Richtung Hospital verließ. Nun ja – immer in Bereitschaft eben.

Wenige Minuten später klingelte auch Petras Handy: ein Junge ist vom Pferd gefallen, hat sich wahrscheinlich Arm und Schulter gebrochen. Muss sofort geröntgt werden. Und Petra als einzige Röntgen-Spezialistin musste ebenso schlagartig los. Schnell ließen wir die bis hierhin schon anwesenden Hauskreisler ein Lied singen – somit hatten wir unser "Hauskreis-Bild" im Kasten und waren Sekunden später auf der Ladefläche eines Pickups, um im Affenzahn durch Curahuasi hinaus zum Krankenhaus zu fahren.

David als diensthabender Arzt, Petra als Röntgen-Spezialistin, Martina als Kinderärztin (war eigentlich wegen des Kaiserschnitts zum Hospital geeilt) und wir als Filmteam erlebten so zu später Stunde einen klassischen Notfall. Der 13jährige wurde mehrfach geröntgt, David als Urologe stand etwas rätseln vor den Aufnahmen und fachsimpelte mit Petra. Martina ließ sich von Ehemann Klaus die letzten Ratschläge am Handy durchsagen – Teamarbeit bei Diospi Suyana. Und schon stand der Masterplan für den kleinen Jungen.

Er bekam eine gegipste Schiene an seinen gebrochenen Arm, das gebrochene Schlüsselbein erhielt einen Stützverband und so konnte er wenig später auf sein Zimmer gebracht werden.

Alle Ärzte von Diospi Suyana sind Allrounder – oder werden es in kurzer Zeit. So beurteilt David als Urologe einen Knochenbruch und lernt Minuten später das Eingipsen von Martina. Und so haben auch die Ärzte, die alle von zuhause noch mal ins Hospital gekommen sind, trotz des Notfalls ihren Spaß, scherzen herum und haben ansteckend gute Laune.

Das Krankenhaus ist bewusst für die arme Landbevölkerung hier in der Region gebaut worden. Die Armut bekommen wir hier täglich an allen Ecken und Enden zu spüren. Einfach ist es nicht, wenn man in den Bergdörfern sieht, wie ärmlich die Menschen dort leben. Z.B. wird dort das Getreide noch mit einem Stock gedroschen, daneben sitzen sie und sortieren per Hand die Körner aus. Strom gibt es hier oben nicht, das Wasser fließt den Berg hinunter, die Ernährung ist sehr einseitig. Zustände, die man sich in Wohlstands-Deutschland sicherlich nur schwer vorstellen kann.

Ab 18 Uhr ist es hier stockdunkel, man kann die Berghänge nicht vom Himmel unterscheiden, alles ist rabenschwarz. Aber bei sternenklarem Himmel sieht man hier sogar die Milchstraße!

Wieder sind 48 Stunden in Peru wie im Fluge vergangen. Wir sind gespannt auf die nächsten und verabschieden uns in die peruanische Nacht.

Liebe Grüße vom Hospital Diospi Suyana,

Micha, Mario und Jacko

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