Noch nie erzählt – dabei eine richtig gute Geschichte

Gott als Immobilienmakler

Diehmen ist eine der 21 Ortsteile der Gemeinde Doberschau-Gaußig. Dieser schöne Flecken Erde liegt südwestlich von Bautzen unweit der tschechischen Grenze. Hier leben Sorben und Deutsche seit Menschengedenken einträchtig zusammen.

Man könnte Diehmen mit seiner kleinen Ansammlung von Gehöften auch als das Ende der Welt bezeichnen. In den angrenzenden Wäldern heulen nachts die Wolfsrudel. Die Fahrt zum nächsten Diskounter dauert entsprechend lange, dafür bleiben aber die Bewohner hier vom Stadtlärm verschont.

Eines der schmucken Häuser gehört der Familie Michael und Elisabeth Mörl. Ihre fünf Kinder stehen bis auf ihre jüngste Tochter – eine Nachzüglerin – längst auf eigenen Füßen. Ihr Eigenheim im Grünen spielte in der Geschichte von Diospi Suyana vor 18 Jahren eine Rolle, die wir nun endlich etwas näher beleuchten möchten.

Wir schreiben 2007. Die Mörls planen für den 15. August die Ausreise nach Peru, um für mindestens drei Jahre bei Diospi Suyana mitzuarbeiten. Sie zählen zum ersten Schwung der Mitarbeiter, gewissermaßen zur Pioniergeneration. Vier Kinder, jedes kleiner als das andere, komplettieren die Familie. Die große Frage steht im Raum, was sie mit ihrem Haus während ihrer langjährigen Abwesenheit tun sollten. Natürlich, sie könnten versuchen das Anwesen zu vermieten. Aber wer möchte schon am Rande der Zivilisation leben, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen.

Etwa drei Monate vor ihrer Ausreise erkundigt sich ein gewisser Herr Beutel über den Stand der Dinge. „Habt Ihr einen Mieter gefunden?“, fragt er und hofft auf eine positive Antwort. Die Mörls schütteln ihre Köpfe. „Nein, und um ehrlich zu sein haben wir auch noch gar nichts rechtes unternommen!“ – Beutel ist damit in keiner Weise zufrieden. „Ihr müsst aktiv werden und Plakate aufhängen. Von nichts kommt nichts!“

Es findet nun ein Gespräch unter vier Augen statt. Michael fragt seine Frau Elisabath, was sie von einer persönlichen Informationskampagne halte. Immerhin könnten sie in der Presse und im Internet wirbeln. Und natürlich wäre es möglich an den Knotenpunkten (Kirche, Einkaufsladen und Rathaus) Hinweiszettel anzubringen. Elisabeth bleibt ruhig aber bestimmt: „Nein, das brauchen wir alles nicht. Gott weiß ja, dass wir einen Mieter benötigen!“ Also diese Einstellung kann man kommentieren, kritisieren oder komplementieren. Richtig ist auf jeden Fall, dass seine hübsche Frau tatsächlich glaubt, Gott könne in der Art eines Privatmaklers die Dinge schon regeln. Irgendwie und natürlich zu seiner Zeit.

Sechs Wochen vor dem großen Kofferpacken erscheint eine gewisse Frau Lehmann im lokalen Metzgerladen. Die Fleischerei Mörl gehört dem Bruder von Michael. Sie erfreut sich wegen ihrer leckeren Produkte großer Beliebtheit. Und deshalb kommen sogar Kunden aus Dresden und Bautzen. „Ach ja“, meint die Dame aus der Großstadt, „Mein Mann und ich würden gerne für einige Jahre aufs Land ziehen und zwar genau hierher. Dürfen wir bei ihnen im Laden Plakate aufhängen. Wir suchen ein Haus zur Miete oder zum Kauf!“

Der Metzgerei Inhaber traut seinen Ohren nicht: „Nein, sie müssen gar nichts aufhängen, denn ihr Haus wartet schon auf der anderen Straßenseite auf Sie. Michael Mörl und seine Frau Elisabeth werden demnächst nach Südamerika ausreisen. – Und genau so geschah’s.

In den letzten 25 Jahren hat nur einmal ein Interessent ein Haus im kleinen Kuhdorf Diehmen gesucht. Damals im Juli 2007. Weder zuvor noch jemals danach. Als die Mörls in die neue Welt aufbrachen, war alles geregelt.

Vielleicht stellen wir uns Gott als Hirten, Polizisten oder als alten Opa vor. Diese Geschichte zeigt, dass Gott auch als Makler eine Menge draufhat. Und wenn Sie mich fragen, was ich von diesem Vorfall halte, dann sage ich dazu folgendes. Erstens, das Gottvertrauen von Elisabeth imponiert mir gewaltig und zweitens, ich bedauere es zutiefst, dass diese Anektode in meinem ersten Buch fehlt. /KDJ

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