Mein Respekt gilt Don Alipio

Ganz nah dran an der harten Realität Perus

Kurz nach 11 Uhr komme ich schnellen Schrittes aus dem Flughafen von Lima. Am Nachmittag habe ich einen Termin mit einem Direktor der Nationalen Blutbank und danach eine Unterredung im Justizministerium. Mein Blick fällt auf meine Schuhe. Und schon suche ich am Eingang einen Schuhputzer auf. Der Standardpreis liegt bei fünf Soles (1,25 Euro). Ich sitze auf einem Hocker und mustere meinen Gegenüber auf seinem kleinen Schemel. Darf ich fragen, wie Sie heißen: „Alipio“, antwortet er knapp und widmet sich meinen Schuhen ohne aufzuschauen.

Ein Peruaner rechter Hand, keine fünf Meter von uns entfernt, beginnt Alipio zu hänseln. „Du kleiner Schuhputzer“, sagt er abwertend zu Alipio, der – wie ich meine – einer ehrbaren Arbeit nachgeht. Alipo reagiert nicht und tut so, als ob er die Unverschämtheit nicht gehört hätte.

Jetzt will ich den Mann, der direkt vor mir kauert, näher kennenlernen. „Kommen Sie aus Lima?“ – „Nein aus dem Bundesstaat Cusco!“

„Direkt aus der Stadt oder dem Bundesland?“ – „Aus einem Bergdorf bei Sicuani!“

„Die Gegend kenne ich, wir haben dort auf einem Berg einen Antennenturm stehen. Ich lebe übrigens in Curahuasi und arbeite dort an einem Krankenhaus!“

Alipos Interesse an mir ist geweckt. „Meine Frau hat nach dem Essen starke Bauchschmerzen. Die Ärzte meinen, sie leide an Gallensteinen!“

„Dann braucht sie wahrscheinlich eine Entfernung der Gallenblase. Sie soll mal zum Hospital Diospi Suyana kommen. Fast alle unsere Patienten sind Quechuas und arme Landbauern. Wir haben die besten Preise in ganz Peru!“

Das Eis ist gebrochen. Der vormals so schweigsame Schuhputzer erzählt mir nun viele Details aus seinem Leben. Es ist ein hartes Dasein. Weil er in Sicuani keine Arbeit fand, lebt er in Lima, um sich und seine Familie durchzubringen. Seine Frau (39) sieht er nur alle zwei Monate. Öfter geht leider nicht wegen der hohen Transportkosten. Die Mutter von vier Kindern hütet zehn Schafe und baut auf einem kleinen Feld Kartoffeln und Gerste an. „Mehr wächst dort oben nicht“, bemerkt Alipio.

„Wie viel verdienen Sie am Tag?“ – „50 – 60 Soles (12 – 15 €)

Meine Schuhe sind blitzeblank. Mit denen kann ich einige Stunden später in den Ministerien wortwörtlich glänzen.

„Vielen Dank und alles Gute!“ Ich verabschiede mich und besteige ein Taxi.

Die Nachrichten des Tages sind durchwachsen. Die Gespräche mit den hohen Beamten laufen gut, aber einige Anrufe zwischendurch nehmen mir leider wieder jeden Wind aus den Segeln. Die peruanische Bürokratie ist zum Verzweifeln!

Aber ich sollte nicht klagen. Ich darf meine Frau schon am Freitagabend sehen. Leicht ist mein Leben nicht, aber doch um einiges leichter als das von Alipio. /KDJ

Alipio und ich verstanden uns gut. Wir beide kommen aus den Bergen der Anden.
1 Antwort
  1. Helene Fischer

    Wie immer spektakulär die Nachrichten , mit Humor und eine Portion Biblische Weisheit 🙏👍💪🫶Klaus wir hören nicht auf zu beten um Segen Bewahrung Gottes Geleit jeden Tag aufs neue 🙏🙏🫶dem Herrn Befohlen Diospi Suyaner 😍🙏🫶💪💪😇

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