Kein Covid-19 Patient

Aber ein Covid-19 Kollateralschaden

Freitagabend, 20:00 Uhr: Die diensthabende Augenschwester meldet sich telefonisch bei Dr. Ursula Buck. Soeben sei ein Patient mit seinem Sohn aus Chincheros, Apurimac, eingetroffen. Er leide unter starken Augenschmerzen und brauche offensichtlich eine Notfallbehandlung.

Die Augenärztin macht sich in der Dunkelheit auf den Weg. Es ist weit und breit kein Mensch zu sehen, denn das Land Peru befindet sich in Quarantäne und ab 18:00 Uhr gilt eine absolute Ausgangssperre.

In der Augenklinik trifft sie auf einen 77-jährigen Mann. Der Patient hat in seinem Gesundheitsposten eine Gesichtsmaske N 95, einen Augenverband, eine Überweisung sowie einen Schnelltest auf Covid-19 bekommen. Diese Erstversorung war wirklich vorbildlich! Ergebnis des Schnelltests: Negativ. Das erleichtert die Sache erheblich.

Als der Augenverband vorsichtig entfernt wird, zeigt sich die Misere. Das rechte Auge ist perforiert und der Augeninhalt prolabiert. Die Ursache ist ein durchgebrochenes Hornhaut-Geschwür. Der Patient hatte einen weißen Fleck im Auge bemerkt. Das Auge tat weh und da wegen der Quarantäne ohnehin kein Augenarzt zu erreichen war, versuchte der Patient sich mit Befeuchtungstropfen selbst zu behandeln. Schließlich blutete er aus dem Auge. Eine echte Tragik. Das Auge und Sehvermögen hätten bei rechtzeitiger Behandlung gerettet werden können. Aufgrund der Covid-19-Quarantäne ging beides verloren.

Der Sohn lieh sich schließlich ein Auto und fuhr die 6 Stunden mit seinem Vater nach Curahuasi. Die vielen Polizeikontrollen passierte er mit Hilfe der Überweisung aus der Posta und dem negativen Covid-Test.

Am nächsten Tag konnten Dr. Buck und Team den Patienten unter Vollnarkose operieren. Zwei Tage lang musste er einen festen Augenverband tragen. Bereits am 4. postoperativen Tag konnten ihm eine Prothese angepasst werden. Er war sehr dankbar keine Schmerzen mehr zu haben und trug den Verlust seines Auges mit Fassung.

Sein Sohn allerdings verlor am 3. postoperativen Tag trotz des positiven Verlaufs die Fassung und brach bei der Visite in Tränen aus. Es stellte sich heraus, dass die ganze Situation mit seinem Vater in der Corona-Krise ihn an die Grenzen seiner emotionellen Belastbarkeit gebracht hatte. Glücklicherweise hatte die Krankenhaus Psychologin Zeit mit ihm ein ausführliches Gespräch zu führen.

Die gute Nachricht ist: Der Patient konnte inzwischen wieder entlassen werden. Vater und Sohn bedankten sich auf das Herzlichste – natürlich mit gebührendem Abstand.

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