Im Herzen Afrikas

Charles Mully teaser

Charles Mulli erzählt aus seinem Leben

Selten hat mich ein Buch so bewegt wie die Biographie von Charles Mulli. Als ich vor Jahren “Vater der vergessenen Kinder” las, nahm ich mir fest vor die Wirkungsstätte dieses beispiellosen Mannes einmal zu besuchen. Am Sonntag war es soweit. Nachts um 3:20 Uhr standen wir auf. Mit zwei Tickets der Kenia Airways saßen mein Sohn Dominik und ich einige Stunden später im Flugzeug nach Afrika. Um 22 Uhr am Abend wurden wir am Flughafen in Nairobi abgeholt und nach Ndalany gebracht. Als wir um 1 Uhr in der Frühe müde aus dem Auto krochen, saßen im Schein einer trüben Lampe Charles und Ester Mulli. Die beiden hatten so spät ausgeharrt, um uns persönlich zu begrüßen.

Am Montag führte uns sein Sohn Kaleli durch zwei der sieben Einrichtungen, die in Kenia zur Mulli Children Family (MCF) gehören. Was wir sahen und hörten ist nur schwer in Worte zu fassen. Wer ist eigentlich Charles Mulli?

In seiner Kinderstube ist die brutale Gewalt zu Hause. Der meist alkoholisierte Vater schlägt wie wahnsinnig auf die Mutter und die Kinder ein. Bittere Armut wohnt in der kleinen Hütte, die die vielköpfige Familie ihr Eigen nennt. Als der Sechsjährige eines Tages in den muffigen Raum tritt, stellt er zu seinem Entsetzen fest, dass die Eltern ihn verlassen haben. Sie sind weggezogen ohne ein Wort zu sagen. Mit sechs Jahren werden europäische Kinder von ihren Müttern in die Schule gebracht. Charles ist nun auf sich gestellt und bettelt um jeden Bissen Brot.

Wenige Jahre später läuft der Jugendliche 70 Kilometer nach Nairobi. Er ist bereit jede Arbeit anzunehmen, die man ihm bietet. In diesem Jungen brennt ein Feuer. Er ist eisern entschlossen aus dem Sumpf der Armut herauszukommen.

Charles hat es geschafft. Er arbeitet als erfolgreicher Unternehmer. Mit mehreren Firmen erwirtschaftet er eine Menge Geld. Er kann sich einen Luxus leisten, von dem viele nur träumen. Ein modernes Märchen hat sich erfüllt. Privat entwickelt sich alles bestens. Er ist verheiratet und freut sich über seine gesunden Kinder. Mittlerweile ist er auch überzeugter Christ und in seiner Kirchengemeinde aktiv.

Doch die Bilder seiner Kindheit holen ihn ein, als er eines Tages mit Straßenkindern ins Gespräch kommt. Sie sind schmutzig, unterernährt und hoffnungslos. “Ich war auch einer von ihnen. Ich muss ihnen helfen!” Der Unternehmer findet keinen Frieden mehr und schließlich gibt er einigen der verwahrlosten Jungs und Mädchen in den Räumen der Kirche Unterschlupf. Das kann nicht lange gut gehen, denn die Kirchengemeinde der Oberschicht hat kein Herz für diesen “Pöbel von der Gasse”. “Charles, wir geben dir 48 Stunden um die Kinder aus unserer Kirche zu entfernen!” Das Ultimatum verstreicht und Charles weiß sich keinen Rat mehr, er nimmt die Kinder zu sich nach Hause.

Was in den nächsten Jahren folgt ist der freiwillige Abstieg eines Unternehmers in die Armut und der atemberaubende Aufstieg eines Werkes, das man mit eigenen Augen gesehen haben muss, um es zu glauben.

Charles und seine Frau Ester betreiben derzeit in Kenia sieben Heime mit 2.500 Kindern. Im Laufe von 27 Jahren haben sie mit ihrem Team bereits über 10.000 Kinder aufgenommen. Sie gehen in eigene Schulen, werden in verschiedenen Berufen ausgebildet und sogar bis zur Universität gefördert. Natürlich leben Charles und Ester wie ihre Schutzbefohlenen von Spenden. Der Glaube an die Allmacht Gottes motivierte den Ex-Straßenjungen und Ex-Unternehmer sein gesamtes Vermögen in diese Arbeit zu investieren. Auf diesem dornenreichen Weg erlebte er immer wieder die Treue Gottes und Wunder, die wir Europäer uns nur schwer vorstellen können. Wer ist Charles Mulli? Er ist ein Mann, der seinen Glauben radikal auslebt.

Dienstagmorgen um 4:30 Uhr. Der Geländewagen holpert über die Feldwege. Als wir uns vom Anwesen entfernen, frage ich mich, wann ich wiederkommen werde.

Schulklasse MCF
Es wurde ein langes Gespräch mit diesen Schülern.
MCF Anlage
Eine der sieben Anlagen der Mulli Children Family mit Gewächshäusern, einer großen Farm, einem Stausee und den Wohngebäuden für die Kinder.
Wandgemaelde
Kaleli erklärt das Wandgemälde. Es zeigt die Anlage bei Yatta. Recht kniet sein Vater Charles und liest einem Kind aus einem Buch vor.
Gruppenbild mit Charles Mully
Wir verabschieden uns in der Nacht. In wenigen Stunden müssen wir wieder aufbrechen. Charles Mulli in Bildmitte. Dominik John rechts.
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