Glorifizierte Armut in der Kunst

Ein warmes Rotlicht durchflutet die Hütte. Die Indianerfamilie sitzt einträchtig beieinander und isst das Abendbrot. Es handelt sich um ein Gemeinschaftserlebnis nach getaner Arbeit. Zurück zum unkomplizierten Lebensstil ohne Email-Schlange im Computer und zehn Nachrichten auf dem Anrufbeantworter. Die Kost ist wohl einfach aber nahrhaft, keine Exzesse aus dem Delikatessengeschäft.

Die Großfamilie lebt gemeinsam unter dem gleichen Dach. Davon können vereinsamte Solokarrieren im Einmannhaushalt westlicher Gesellschaften nur träumen.

In den Fotos der Touristen, die aus dem Reisebus aufgenommen werden, zeigt sich ein ähnliches Bild. Bunte Folklore an malerischen Berghängen. Strohbedeckte Hütten im Einklang mit der Natur.

Die Wahrheit sieht anders aus. Menschen mit einem begrenzten Bildungshorizont in kalten und feuchten Behausungen. Gestampfter Lehmboden. Kein Strom, kein fließendes Wasser und das Fehlen von sanitären Anlagen.

Gewalt und Missbrauch in vielen Familien. Der Vater ist abwesend oder alkoholisiert. Keine Arbeit, die die Mühe lohnt. Eine einseitige Ernährung. Wurmeier und Parasiten im Wasser. In den unverputzten Adobesteinen nisten viele Krankheitserreger, die u. a. die Chagaskrankheit auslösen können.

Frustration, Angst und Perspektivlosigkeit. In einem dunklen Großraum leben Eltern und Kinder zusammen. Es gibt keine Privatsphäre. Auf der Erde huschen 100 Meerschweinchen quiekend von einer Ecke zur anderen. Katze, Hund und Federvieh finden auch ihren Platz.

Die Wirklichkeit finden wir nicht auf geschönten Bildern, sondern in hockender Stellung am Boden einer Hütte an einem gewöhnlichen Regentag. Von November bis April ist Regenzeit, da wird es so richtig ungemütlich im "Trauten Heim".

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