Im Labyrinth – Du und ich

Der Taxifahrer hat recht. Genau darum geht es

Als ich das Flughafengelände verlasse, macht mir ein Mann einen erstaunlich günstigen Preis. Damit ist die Fahrt von 25 Kilometern zu unserem Gästehaus gebongt. Wir beide werden uns also gleich unterhalten können. Eine Stunde lang, mitten im Stopp und Go der peruanischen Hauptstadt.

“Was halten Sie eigentlich vom Präsidenten Martín Vizcarra?”, frage ich den Mann hinter dem Steuer. Mit diesem Satz finden wir sicherlich den Einstieg in ein interessantes Gespräch. “Um ehrlich zu sein, sind mir die Politiker alle egal. Sie kommen und gehen. Ich konzentriere mich auf meine Arbeit und auf meine Familie!” Seine Antwort hat er so heftig vorgetragen, dass ich erstaunt zu dem Mittdreißiger hinüberblicke. “Und außerdem”, fährt er fort, “versuche ich in meinem Leben einen Sinn zu erkennen!”

Dieser Unbekannte neben mir drückt aus, worum es eigentlich geht. Wir alle wollen uns aus unserem Dasein einen Reim machen. Warum bin ich hier? Wir verrichten zwar gewissenhaft unsere Arbeit und sind damit vollwertige Mitglieder der Gesellschaft. Und auch der Fokus auf die Familie leuchtet ein. Wir leben in Beziehungen und geben und empfangen: Liebe, Bestätigung, Ermutigung und Trost.

Aber welch tieferer Sinn steckt in unseren 70, 80 Jahren verborgen? Eine Zeit, die immer mit einem wehmütigen Abschied endet.

Wenige Minuten später rede ich von Gott, aber ich weiß, dass der Mensch auf der Straße keine theologische Fortbildung hören will. Und mein Gegenüber äußert gleich eine große Skepsis, als ich von der Dimension des ewigen Lebens spreche. Von einer Beziehung zu Gott, die hier und jetzt beginnen kann. – So kommen wir keinen Millimeter weiter.

“Wissen Sie was”, sage ich, “ich erzähle Ihnen mal eine Geschichte!” – Nun vergeht die Zeit wie im Flug. Staus und rote Ampeln spielen plötzlich keine Rolle mehr. Die Straßenzüge wechseln wie Kulissen im Theater. Der Zeiger der Uhr rückt vor und wir merken es kaum. Längst sind wir am Zielort angelangt, aber ich bin mit meinem Bericht noch lange nicht zu Ende. Ich spüre, mit welcher Konzentration der Taxifahrer meinen Ausführungen folgt. Die unerklärlichen Fügungen bei der Gründung von Diospi Suyana lassen eigentlich nur eine Schluss zu: Da ist jemand, der uns hört und sieht. Jemand, der uns liebt. Und die gesammelten Erfahrungen von Jahrzehnten machen mächtig Mut zu beten. Das heißt, mit Gott zu rechnen. Ihm zu vertrauen.

Wir reichen uns die Hände und blicken uns in die Augen. “Kaufen Sie sich eine moderne Bibelübersetzung und beginnen Sie Ihren Tag mit einem Gebet!” Ich öffne die Tür und werde von einer Sekunde zur nächsten vom Passagier zu einem der Fußgänger Limas. Einer von Millionen, der wie der Taxifahrer einen Sinn braucht, um zu atmen und zu hoffen.

Es wird noch ein langer Tag bei Firmen und Direktoren. Vorträge und Verhandlungen. Wie so oft, ist viel Geld im Spiel. Doch letztendlich hat keine dieser Begegnungen den gleichen Stellenwert wie die 60 Minuten im Taxi. Unter vier Augen mit dem Vater dreier Kinder. Ein Mann wie Du und ich auf der Suche nach Sinn.

Wer hat es denn versprochen, unseren inneren Lebensdurst zu stillen, ein für allemal? – Der Mann am Kreuz. /KDJ

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