Ein leises Lied am Straßenrand

Nur ruckweise bewegt sich der Verkehr durch die Straßen Limas. Ich sitze auf dem Rücksitz eines Taxis und döse vor mich hin. In der Innenstand der peruanischen Hauptstadt sind um diese Zeit Millionen von Menschen unterwegs. Lima ist eine laute Metropole und ziemlich schmutzig. Ich bin immer froh, wenn ich der Stadt den Rücken kehren kann. 

Da kommt die Kolonne der Autos mal wieder zum Stillstand und ein alter Mann auf dem Bürgersteig rechter Hand rückt in mein Blickfeld. Er ist blind und verdient sich offensichtlich mit seiner abgenutzen Geige seinen Lebensunterhalt. Für die meisten Peruaner über 65 Jahre bleibt "Rente" ein Wunschtraum.

Fast 20 Sekunden steht das Taxi drei Meter vom Blinden entfernt. Durch das offene Fenster höre ich ein melancholisches Lied. Nun legt der Geigenspieler eine Pause ein und verharrt schweigend auf seinem Hocker. Mein Blick ruht auf ihm und ich frage mich, wie seine Lebensumstände wohl aussehen mögen.

Der Taxifahrer gibt plötzlich Gas und unser Wagen rollt weiter. Der alte Mann verschwindet wieder aus meinem Gesichtsfeld und aus meinem Leben. Ich wünschte ich hätte ihm eine Münze in seinen Becher gelegt. /KDJ

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