Ein Arzt schwer von Kapee

Ein Zollbeamter muss alles zweimal sagen

Nach drei Terminen in Berlin am Vortag komme ich um die Mittagszeit in Wiesbaden an. Im Briefkasten liegt eine Benachrichtigung vom Zoll. Für ein Paket aus den USA soll ich 28 Euro bezahlen. Bis 14 Uhr kann ich in Wiesbaden-Schierstein vorstellig werden, um die Angelegenheit zu erledigen.

Es ist fünf vor 14 Uhr. Ich werde frühestens um 14:10 im Zollamt sein. Natürlich nur bei voller Fahrt durch die Landeshauptstadt am Rande der Legalität. Haarscharf berechnet. Um 14:10 stürme ich in den ersten Stock der Behörde.

“Sie sind zu spät!”, raunt mich ein Beamter an. Ich blicke den Mann entgeistert an. “Sie sind zu spät!” Ich höre die wichtige Mitteilung ein zweites Mal.

“Warum muss ich überhaupt Zoll bezahlen, es handelt sich doch nur um Bücher?, frage ich den Staatsdiener, der in Gedanken längst im verdienten Wochenende weilt. Er schaut mich mürrisch an. “Wissen Sie, meine Frau und ich haben in Peru ein Krankenhaus für die Indianer gegründet. Und in diesem Paket liegen Kinderbücher über unser Leben!”

Der Zollbeamte erhebt sich und schreitet in ein Lager aus dem er keine 30 Sekunden später mit einem Päckchen zurückkehrt.

“Hier machen Sie es auf!”, ruft der Mann mit der Autorität des deutschen Zolls. Er schiebt mir ein Messer über den Tisch. Ich starre ihn an. Vielleicht bin ich von meiner schnellen Fahrt quer durch Deutschland noch etwas gejetlaged. “Machen Sie es auf!” Sein Befehl ist klar und deutlich.

Ich schlitze die Seiten der Pappe auf und hole mit tiefer Genugtuung eines der 20 Bücher aus der kleinen Kiste. In zwei Minuten blättere ich diagonal durch den Bildband und erkläre dem lustlosen Beamten die Geschichte von Diospi Suyana.

Schweigen.

“Wie viel Zoll soll ich denn bezahlen?”, frage ich etwas schüchtern.

Und nun lässt die geballte Zollgewalt ihr Herz sprechen. Eine tiefe Stimme sagt: “Der Wert der Bücher liegt grob geschätzt bei 20 Euro!” Und dann schickt er mich mit einem Kopfnicken zur Tür.

“Nichts?” – “Wirklich?”

“Ich sagte doch schon, der Wert liegt bei 20 Euro!” Und wieder schickt mich seine Gestik zur Tür.

“Ganz toll. Super!” Der Dank sprudelt förmlich aus mir heraus.

“Das Packpapier werfen Sie aber in die Tonne!”

“Wie bitte, was?”

“Das Packpapier werfen Sie aber in die Tonne!”

Wer sagt da noch, Beamte seien unerbittlich. Der Wert der 20 Bildbände liegt locker bei 200 Euro. Aber vielleicht hat den Mann die Geschichte von Diospi Suyana doch gerührt.  /KDJ

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