Ein Abend im Museum Andres del Castillo

Ein Hauch von Melancholie

Die Einladung stand auf 19 Uhr. Der Ort: Das Museum Andres del Castillo in der Innenstadt Limas. Als ich kurz vor Sieben durch den Eingang trete, ist der Saal längst voll. Diese ungewöhnliche Pünktlichkeit der Leute ist besonders im Kontext Südamerikas ein starkes Statement. Einige Minuten später brandet Beifall auf. Guido del Castillo wird auf einem Rollstuhl an den Tisch auf der vorderen Plattform gefahren. Über einen kleinen Schlauch fließt Sauerstoff in seine Lungen. Lebensnotwendig. Als Sr. Castillo die Begrüßungsrede hält, ringt er bei jedem Satz nach Luft. 85 Jahre, davon 60 Jahre in den Bergwerken Perus, haben ihre Spuren hinterlassen.

In der letzten Reihe habe ich einen Stehplatz und lasse die Atmosphäre auf mich wirken. Vor 13 Jahren lernte ich diesen Mann zum ersten Mal persönlich kennen. Nach einem Artikel über uns in der Wochenzeitschrift “SOMOS” hatte er völlig unerwartet Zement für den Bau des Missionsspitals gespendet. Und nach meinem Besuch in seinem Büro den Stahl für unser Dach gekauft. Später kamen noch abgehängte Decken hinzu und der Bau eines Brunnens.

Guido del Castillo stellte sein Buch vor. Der Titel lautete: “Geschichten eines Minenarbeiters”. So ganz klein hat der Junge aus dem Bundesstaat Cusco einmal angefangen. Am Ende seines Lebens zählt er sich zu den reichsten Unternehmern Perus. Als Besitzer von Gold- und Kupferminen verfügt er über finanzielle Mittel. Vielleicht hatte seine Entscheidung Diospi Suyana damals zu unterstützen etwas mit dem tragischen Sportunfall seines Sohnes Andres zu tun, der 2006 beim Fallschirmspringen den Tod fand. Nach ihm ist das Museum benannt.

Ing. Guido del Castillo links im Rollstuhl
Das Buch: Geschichten eines Minenarbeiters – Guido del Castillo

Nur 12 Tage nach meinem Vortrag in seinem Chefbüro 2006, hatte Del Castillo mit einigen seiner Angestellten an unsere Haustür in Curahuasi geklopft. Aus heiterem Himmel an einem Sonntagnachmittag. Es folgte eine spontane Führung durch die Bauruine des Spitals. Guido und seine Schwester Irene wurden Freunde unserer Mission. Er nahm an der Einweihung des Hospitals am 31. August 2007 teil und kam sogar noch zur Eröffnung der Schule im März 2014.

In seiner Autobiographie darf natürlich ein Kapitel über Diospi Suyana nicht fehlen. Er beschreibt, dass unser Brunnenprojekt gegen jede Wahrscheinlichkeit erfolgreich durchgeführt werden konnte. Und er sieht darin sogar den Segen des Himmels.

Das offizielle Programm endete nach einer Stunde. Deutlich hörbar war dem Ingenieur die Luft weggeblieben. War es nicht erst gestern, dass er neben mir schnellen Schrittes die Stufen zu seinem Büro im zweiten Stock erklomm? Und hatte er nicht jede seiner vielen Minen – einige auf über 5000 m Höhe – genauestens inspiziert?

Kurz nach 20 Uhr atmete ich wieder die kühle Luft der Hauptstadt. Auf dem Plaza San Martin herrschte noch ein geschäftiges Treiben. Eine Wehmut erfasste mich. Wie lange würde unser Weggefährte Guido noch unter uns weilen? Und hatte er seinen Frieden mit Gott gemacht? Ich wusste es nicht.

Ohne Zweifel wurde der “Minenarbeiter” zu einem Instrument in Gottes Hand und er ist bis heute ein großer Segen für Diospi Suyana. Hoffentlich sehen wir uns einmal wieder. Jesus sagte: “Wer an mich glaubt, wird leben, selbst wenn er stirbt!” /KDJ

Erste Begegnung mit Ing. Guido del Castillo am 10. Oktober 2006. Kurz zuvor hatte ich im Laptop die Geschichte von Diospi Suyana erzählt.
Am gleichen Ort im Museum am 29. November 2012. Buchvorstellung “Dios es visible” (Deutsch: Ich habe Gott gesehen) Neben mir die frühere First Lady Perus Sra. Pilar Nores und Guido del Castillo. Auf dem linken Poster steht: “Wir vertrauen auf Gott!”
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