Die Audienz

Sonnenaufgang über Peru

Eine riesengroße Chance

Ich erinnere mich noch gut an den 20. März 2007. Meine Frau und ich schritten überpünktlich durch eine große Tür in das Schloss Bellevue. In der Nacht zuvor waren wir in Berlin eingetroffen. Das Treffen mit Frau Köhler, der First Lady Deutschlands, war für uns eine einmalige Gelegenheit. Wegen dieser Audienz hatte die Firma Philips beispielsweise ein nagelneues Ultraschallgerät gespendet. Bei unserer Garderobe stimmte alles. Von der Frisur bis zur Schuhspitze hatten wir nichts dem Zufall überlassen.

Der 26. April 2008 brannte sich ebenfalls in unsere Erinnerung ein. In Begleitung unseres damaligen Urologen Dr. David Brady betraten wir feierlich den Präsidentenpalast in Lima. Der Staatschef Alan Garcia und seine Gattin Pilar Nores würden uns 45 Minuten ihrer wertvollen Zeit zur Verfügung stellen, um mehr über Diospi Suyana zu erfahren. Für diese große Ehre hatte ich mir einige Tage zuvor einen neuen Anzug gekauft. Als Ergebnis der Audienz erhielten meine Frau und ich damals die lebenslange Arztlizenz in Peru.

Am 5. Juni 2014 gingen wir am Nachmittag mit Dr. Jens Hassfeld vor dem Eingang des Palastes auf und ab. Der Anlass rechtfertigte unsere Nervosität. Mein Laptop-Computer wartete im Standby-Modus auf seinen großen Augenblick, die Audienz beim Präsidentenehepaar. Am Ende des Empfangs würden wir um Hilfen bei der Einfuhr von Spenden bitten. Wir spürten, dass die kommenden Minuten für Diospi Suyana viel bedeuten würden. Seit fünf Wochen steckte unser neuer Computertomograph im Zoll fest. Ein einziger Anruf von der Sekretärin des Präsidenten würde bei den Bürokraten der betroffenen Behörden eine ungeahnte Flexibilität auslösen. Nur sechs Tage zuvor hatte ich den Präsidenten Ollanta Humala um diesen Termin mit ihm und seiner Gattin Nadine Heredia gebeten. Jetzt war er da.

Wie fast an jedem Morgen setzte ich mich in meinen weichen Sessel und senkte meinen Kopf. Meine Zähne hatte ich noch nicht geputzt und mit Jogginghose und Sweatshirt war ich leger gekleidet. Ich verspürte nicht einen Deut von Aufregung, dabei würde in wenigen Sekunden meine Audienz beim König beginnen. Seine Machtfülle war nicht von knappen Wahlergebnissen abhängig. Und seine Reaktion auf mein Erscheinen vor seinem Thron unterlag nicht irgendwelchen Gefühlsschwankungen. Er hatte mir im Vorfeld schriftlich mitgeteilt, dass ich unbegrenzt Zeit hätte meine Bitten vorzutragen. Er hätte ein echtes Interesse an meiner Arbeit und sogar an mir höchstpersönlich. Es bestand nur eine einzige Bedingung für unser Treffen. Der König hatte von mir absolute Ehrlichkeit verlangt. Ich sollte ehrlich sein vor ihm und ehrlich sein zu mir selbst, also demütig.

Und als ich gerade meinen Mund öffnen wollte, wurde mir plötzlich klar, dass weder die Audienz im Schloss Bellevue noch die beiden Empfänge im Regierungspalast Limas mit der Bedeutung meines jetzigen Gesprächs mithalten könnten. Denn von diesem König war mein wahres Lebensglück abhängig. Ich würde in Bezug auf meine Vergangenheit Frieden finden, Erfüllung für heute und eine lebendige Hoffnung für Morgen. /KDJ

Legende zum Bild: Sonnenaufgang über Peru. Das Foto wurde aus dem Flugzeug aufgenommen.

https://www.diospi-suyana.de/praesidentenehepaar-empfing-missionsaerzte-im-regierungspalast/

Zusatz: Der Computertomograph für das Hospital Diospi Suyana wurde am Montag, den 9. Juni gegen 16 Uhr vom Zoll freigegeben.

2 Kommentare
  1. rößler

    Bewegt ist mein Herz von gutem Wort. Sagen will ich meine Gedichte dem König!
    Psalm 45,2 f

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