Lungenkrebs
Auf dem evangelischen Kirchentag 2005 bezog Fernsehpfarrer Jürgen Fliege klar Position. Er sagte: “Mit dem blutendem Mann am Kreuz kriege ich keinen spirituellen Frieden.” Immer wieder sind im Laufe der Geschichte Stimmen laut geworden, dass Kreuz Christi auf den Müllhaufen veralteter Ideen zu werfen.
Karfreitag, der 3. April. Ich sitze in einer Kirchengemeinde in Wiesbaden und folge aufmerksam dem Gottesdienst. Nun singen zwei junge Damen eine Ballade über die Leiden Jesu am Kreuz. Vom Klavier ertönen weiche Klänge in Moll. Das passende Lied zum Anlass des heutigen Tages. Ohne Zweifel. Doch meine Gedanken eilen zurück. Die linke Sängerin kenne ich und die Geschichte ihrer Familie auch. Vor sieben Jahren erkrankte ihre Mutter an Lungenkrebs. Wie so viele andere haben auch meine Frau und ich um Heilung gebetet. Zwei Jahre später war sie tot. Diese Tragödie hat den Glauben der Tochter nicht zerstört. Niemand zwingt sie an einem Freitag Morgen in einer Kirche zu singen. Sie tut es gerne und aus Überzeugung.
Ein Gott aus den warmen Lüften eines fernen Himmels vermag nicht unsere Tränen abzuwischen, wenn die Krankheit zuschlägt. Aber der Mann am Kreuz kann es besser als jeder andere. Er ist mit Schmerzen und Todesangst vertraut. Wir nehmen es ihm ab, dass er auch unsere Sorgen und Seelenqualen zu tragen bereit ist. “Die Strafe liegt auf ihn, auf dass wir Frieden hätten und durch seine Wunden sind wir geheilt!” So lauteten die Worte des Propheten Jesaja 800 Jahre zuvor.
Am Abend habe ich Sarah F. am Telefon. “Was hat Dir damals geholfen, als Deine Mutter starb?” , will ich wissen. Ihre Antwort: “Immer wenn ich gebetet habe, fühlte ich mich gleich getröstet!”
Am Nachmittag besuche ich das Grab meiner Eltern. Das Kreuz Christi ziert den schweren Stein. Daneben stehen die Worte: “Nichts kann uns scheiden, von der Liebe Gottes!” – An das Kreuz Jesu können wir uns klammern mit aller Kraft. Und wir erinnern uns daran, dass der Mann, der dort hing, nur drei Tage später sein Grab verließ. Und genau deshalb tun wir bei Diospi Suyana das, was wir tun. Wir sind primär keine Altruisten, Humanisten oder Philanthropen, sondern Nachfolger eines Gekreuzigten und Auferstandenen. /KDJ
