Bekenntnisse

Nina Hagen ist die berühmteste deutsche Ikone des Punks und Rocks. Melody Maker nennt sie Deutschlands bedeutendster Beitrag zur Popkultur seit Brecht.

In ihrem Buch "Bekenntnisse" schreibt sie über ihre Zeit in Polen:

Ich hatte mich in eine verzeifelte Situation hineinmanövriert. Nein, nach Hause konnte ich nicht – denn dort wartete ganz sicher die Staatssicherheit auf mich. aber für Polen besaß ich keine Aufenthaltsgenehmigung mehr. Ich war ein Nichts, eine wohnsitzlose, halbwüchsige Migrantin, die jederzeit aufgegriffen, in ein Milizauto gezerrt und verfrachtet werden konnte. Meine Fluchthilfepläne – ach, sie hatten sich schon längst in nichts aufgelöst. Onkel Karl-Heinz dachte im Traum nicht daran, mir einen illegalen Weg in die Freiheit zu bahnen und damit seinen Bruder in der DDR zu gefährden. Mein treuer Freund Flori hatte wirklich alles Mögliche versucht. Ich stand vor der Wand, war mit meinen Möglichkeiten am Ende.

Doch wie so oft, wenn ich gar nicht mehr weiterwusste in meinem Leben, meldete sich Gott. so ist Er eben. Ein echter Überraschungskünstler. Was aus seiner Wundertüte kommt, ist immer frisch und echt. Es geschah nicht auf eine besonders spektakuläre Weise. Es war nur so, dass es mich in diesen nicht enden wollenden Tagen der Angst an bestimmte Orte hinzog: Ich suchte Kirchen, Kapellen, Gotteshäuser auf. Heute denke ich: ER war es, der mich da hinschob, mit sanftem Finger, ganz zärtlich.

Ich sollte spüren, dass es dort viel besser war als in biersauren Spelunken, wo mich sabbernde Säufer angafften, oder in der Tristesse zugiger Bahnhofshallen, in denen die eisigen Dämonen der Einsamkeit nach meiner Seele griffen. In den Kirchen lief keine Uhr ab, dort stand die Zeit still, dort atmete die Ewigkeit im Rhythmus des Friedens. Es roch nach Weihrauch und Heimat. Menschen kamen, luden ihre Sorgen ab und gingen wieder – getröstet und gestärkt.

Und ich blickte auf Jesus, den Gekreuzigten. Jesus!

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