Aufgespießt: “Kopf hoch, Junge. Das wird schon wieder!”

Nach fast zwei Monaten: “Jetzt fahren wir zum Hospital Diospi Suyana!”

Ein Fall aus einem Bergdorf in der Provinz Anta. Das Dasein in den Anden ist hart, besonders für die Quechuas. Sie leben vom Ackerbau und der Viehwirtschaft und hoffen auf einträgliche Geschäfte am nächsten Markttag. Auch die Kinder werden in die tägliche Arbeit eingebunden. Eigentlich sollte der siebenjährige Pedro* mit seinem Cousin die Schafherde der Familie im Auge behalten. Aber auf die Dauer war das bloße Herumsitzen ziemlich langweilig. Wenn man sich gegenseitig fängt und ein bißchen herumalbert, vergeht die Zeit wie im Flug.

Das Spielen wurde immer wilder bis plötzlich ein Schrei ertönte. Pedro lag am Boden und krümmte sich vor Schmerzen. Einige Blutstropfen verfärbten sein Hemd. Am Abend untersuchten die Eltern den Bauch ihres Kindes. Außer einer kleinen Einstichstelle und einer leichten Schwellung war nicht viel zu sehen. Aber da Pedro fortwährend klagte, brachte seine Familie ihn am nächsten Morgen zur staatlichen Gesundheitsstation in der Stadt Izcuchaca.

“Die Ärztin warf einen Blick auf die Wunde. “Alles nicht so schlimm”, meinte sie,”das heilt ganz schnell!”

Die Eltern sahen zweifelnd in das Gesicht der Doctora. “Aber Pedro hat die ganze Nacht gestöhnt, es geht ihm wirklich nicht gut!”

Die Medizinerin schüttelte ihren Kopf. “Nein, der Junge reagiert nur etwas übertrieben”, sagte die Frau im weißen Kittel “machen Sie sich keine Sorgen!” Die Familie zog also wieder von dannen, ohne Schmerzmittel, ohne Antibiotika, ohne Trost und ohne Hilfe.

Um die sieben Wochen verstrichen. Die Beschwerden wurden nicht besser. Bei manchen Bewegegungen tat es Pedro in der Bauchwand mächtig weh. Schließlich floß Eiter aus dem Loch und die Eltern wussten, es war Zeit zum Handeln. Sie fuhren mit Pedro zum Hospital Diospi Suyana im Bundesstaat Apurimac. Pädiater Dr. Simon Then hörte aufmerksam zu, als der Vater die Vorgeschichte schilderte. Es war eine Sache von Minuten und der Missionsarzt hielt einen Schallkopf auf die Bauchwand. Auf dem Monitor zeigte sich augenblicklich ein Fremdkörper unter der Faszie von etwa 2 cm x 1 cm Größe.

Chirurgin Dr. Olga Koop explorierte die Wunde gestern Vormittag im Operationssaal. Sie fand einen abgebrochenen dicken Stengel – möglicherweise auch ein Stück Ast – das sogenannte Corpus Delikti.

Endlich ist der Patient wieder schmerzfrei. Er und sein Papa sind zufrieden. Die Reise zum Hospital Diospi Suyana hat sich für sie gelohnt. Ende gut, alles gut, könnte man sagen. Und heute Abend wird Pedro das Abendessen so lecker schmecken wie schon lange nicht mehr. (*Name verändert)

Der kleine Patient hält den Daumen hoch. Sein Vater sitzt links. Chirurgin Dr. Olga Koop steht rechts.
Der Stengel misst etwa 2 cm x 1 cm.
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