Auf historischem Boden, aber sicherlich nichts für Erich

Evangeliumsgemeinde in Halle

August Hermann Francke – Georg Müller – Diospi Suyana

Sonntag, der 18. Mai. Nach einem Vortrag am Morgen in Wittenberg treffe ich gegen 15 Uhr in Halle ein. Meine Präsentation ist für 18:30 Uhr vorgesehen. Wie ich nun höre, beginnt um 16 Uhr ein Gottesdienst. Ich sitze bald ziemlich weit vorne und freue mich über die zünftige Rockmusik.

1985 wollte die kommunistische Stadtverwaltung die Kreuzkirche St. Georgen nach einem Brand in die Luft jagen. Für was brauchte man eine Kirche, wo doch die Wissenschaft längst bewiesen hatte, dass Gott nicht existierte. So lautete die offizielle Propaganda des SED-Regimes. Der Glaube an Gott war nicht die richtige Einstellung für die Bauern und Werktätigen der Republik. Für Jugendliche sogar das reinste Gift.

Schade, dass Erich Honecker nicht neben mir Platz nehmen konnte. Beim Blick nach hinten hätte ihn sicherlich der Schlag getroffen. Denn 250 vielleicht sogar 300 Jugendliche füllen die vielen Reihen. Sie nehmen nicht nur physisch am Gottesdienst teil, sondern wie ich gleich merke, auch mit dem Herzen.

Kirche Halle
Die Kreuzkirche St. Georgien

Genau an dieser Stelle predigte August Herman Francke zum Ende des 17. Jahrhunderte eine überzeugende Botschaft christlicher Nachfolge. Er gründete in Halle Waisenhäuser im Vertrauen auf Gott, die weltweit für Aufsehen sorgten.

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts baute ein gewisser Georg Müller in Bristol Waisenhäuser nach dem gleichen Prinzip. Er bat nicht um Spenden, sondern betete um Gottes Eingreifen beim Bezahlen der Rechnungen. Interessanterweise hatte er die Biographie von August Hermann Francke gelesen. Wie Francke setzte auch Müller alles auf eine einzige Karte, die Karte des Glaubens.

Georg Müller selbst sollte viele Christen rund um den Erdball motivieren, im Glauben kühne Schritte zu wagen. Auch Diospi Suyana sieht sich den Vorbildern eines Müllers und Franckes verbunden.

Der Gottesdienst nähert sich seinem Höhepunkt. Mehre junge Erwachsene, teilweise mit atheistischem Hintergrund, erzählen vorne am Mikrophon, warum sie Jesus Christus nachfolgen. Sie berichten von dramatischen positiven Veränderungen in ihrem Leben und einer großen Hoffnung, die sie erfüllt. Spätestens an dieser Stelle hätte Erich Honecker emotional schlapp gemacht. Aber Herr Honecker ruht in Frieden in seinem Grab. Ob er wirklich Frieden gefunden hat? Ich habe da so meine Zweifel, denn im Buch der Bücher heißt es: “Die Gottlosen haben keinen Frieden!” /KDJ

1 Antwort
  1. Marienkind

    Danke Herr Dr. John, dass ist wahrlich ein Artikel, der Christen in der ehemaligen DDR erfreut, ja sogar ein bisschen amüsiert, denn diese Vorstellung wäre wirklich zu köstlich, köstlich im umgangssprachlichen wie im biblischen Sinne.

    Vielen vielen Dank

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