… geraten in Vergessenheit
Vor einer Woche flog ich von Deutschland über Houston nach Peru zurück. Am Vorabend packte ich meinen Koffer und suchte schließlich noch eine passende Lektüre für die 20-stündige Reise. Ich musste im Bücherregal nicht lange stöbern. Bald fiel mir ein kleines Taschenbuch mit 12 Kurzbiographien in die Hände. Es handelte von Persönlichkeiten, die aus der Kraft ihres Glaubens viel bewegt haben. Auf der ersten Seite entdeckte ich eine Widmung meiner Tante Albertine aus dem Jahr 1973. Vor über vier Jahrzehnten hatte sie mir gewünscht, ich solle es diesen Männern des Glaubens gleich tun. Ein Grund mehr die 120 Seiten an Board der Lufhansa-Maschine zu lesen.
Matthias Claudius, Dichter des Volksliedes “Der Mond ist aufgegangen” zählte zu dieser illustren Auswahl, wie auch Ansgar, der Apostel des Nordens. Letzterer lebte zur Zeit Karl des Großen und christianisierte die damals heidnischen Länder Dänemark und Schweden. Augenarzt und Schriftsteller Heinrich Jung-Stilling wurde zu seiner Zeit durch seine Lebenserinnerungen berühmt, die sein Freund Goethe ohne ihn zu fragen veröffentlichte. Der große China Missionar Hudson Taylor fand Beachtung wie auch Theologe Johannes Hus, der im Juli 1415 in Konstanz als Märtyrer starb, da er das damalige Establishment mit seiner Forderung nach Wahrheit herausgefordert hatte.

Zwölf Menschen aus einem Zeitraum von zwölf Jahrhunderten. Sie lebten zwar zeitlich und geographisch völlig getrennt und doch hatten sie alle etwas gemeinsam. Sie glaubten an Gott, seinen Sohn Jesus Christus und wollten als überzeugte Christen ihre jeweilige Gesellschaft reformieren – sozial, künstlerisch und theologisch.
Sie haben Großartiges geleistet und jeder hat auf seine Weise Geschichte geschrieben. Und doch wird dem Passanten in der Fußgängerzone wohl nichts einfallen, wenn er zu Johann Friedrich Oberlin aus dem 18. Jahrhundert oder Johannes Mathesius aus dem 16. Jahrhundert befragt wird.
Auch ein Richard von Weizäcker, der zu den bedeutendsten Politikern Nachkriegsdeutschlands gerechnet wird, wird spätestens nach 50 Jahren im kollektiven Bewusstsein eines Volkes zu einer Fußnote reduziert werden.
Ob reich oder arm, gebildet oder einfach – wir alle landen an dem Ort, den der 88. Psalm aus dem Alten Testament als Land des Vergessens charakterisiert. Das ist auch nicht weiter tragisch, solange sich Gott unser erinnert. Das ewige Leben, das Jesus Christus uns versprochen hat, ist die Bewahrung unserer Identität in der Gegenwart Gottes. Sicherlich werden wir viel Zeit haben mit Matthias Claudius, Johannes Hus und Richard von Weizäcker zu reden und gemeinsam Gott für seine Güte zu danken. /KDJ