Interview mit Herrn Wolfgang Fischer

Herr Wolfgang Fischer erhielt das Bundesverdienstkreuz am Bande und wurde mit dem Ehrenbrief des Landes Hessen ausgezeichnet. Der seit 1995 pensionierte Berufsschullehrer engagierte sich zeitlebens in der Lokalpolitik und in seiner Kirchengemeinde.

DS: Herr Fischer, Sie haben sich in jüngster Zeit intensiv für Diospi Suyana eingesetzt und hierbei Kontakte zur Bundesregierung, insbesondere zu Entwicklungshilfeministerin Frau Heidemarie Wieczorek-Zeul vermittelt. Vor welchem Hintergrund war Ihnen das möglich?

WF.: Nun, Frau Wieczorek-Zeul ist für die Landeshauptstadt Wiesbaden in den Bundestag gerückt. Ich selbst gehöre der SPD seit 40 Jahren an und kenne sie daher als Parteimitglied. Da die Dres. John ja auch im Wahlkreis Wiesbaden zu Hause sind, lag es nahe der Ministerin die Krankenhauspläne vorzustellen.

DS: Wir haben von Ihnen erfahren, dass die Gründerväter der SPD “bibelbezogene” Leute waren. Heute bringt die Partei ihr Programm auf die Formel: Für Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität. Welchen Werten fühlen Sie sich verpflichtet?

WF.: Als Kind habe ich noch miterlebt, wie hart Eltern für das Schulgeld arbeiten mussten. Deswegen begrüßte ich die Schulgeld- und Lehrmittelfreiheit, die in der hessischen Verfassung nach dem Krieg gesichert wurden, sehr. Ich selbst gehörte nach dem Abitur zu den ausbildungsmäßig privilegierten Lehrlingen Deutschlands, was für meine spätere Berufstätigkeit als Berufsschullehrer ein wichtiger Motivationsfaktor war; ich wollte sicherstellen, dass Lehrlinge eine gute Ausbildung bekommen und nicht als billige Arbeitskräfte missbraucht werden.

Ich habe auch gesehen, was mit unseren jüdischen Mitbürgern während des Krieges geschah. Je älter ich werde, desto mehr zählen für mich die Werte der Menschenwürde und Freiheit. Ich möchte betonen, dass die Bibel an vielen Stellen Grundlagen schafft für ein sozial-gerechtes Miteinander in Staat und Kirche. Die Fürsorge für Witwen und Waisen ist da ebenso angesagt wie die Versorgung Kranker.

DS: Wir wollen ja am 24. Mai mit dem Bau eines Missionsspitals für die Indianer Perus beginnen, und zwar genau dort, wo die Not am größten ist, im Armenhaus des Landes. Wir sagen oft, wir möchten den Berglandindios mit “Kompetenz und Caritas” begegnen. Was meinen Sie denn, wie könnte der peruanische Staat selbst die soziale Lage der Urbevölkerung verbessern?

WF.: Vor einigen Jahren waren meine Frau und ich in Südamerika, wir haben Argentinien, Paraguay und Uruguay bereist. Auch dort fiel uns die äußerst ungerechte Eigentums- und Einkommensverteilung auf. Das Grundübel ist meiner Meinung nach im Bildungssystem zu finden, das ja für die Masse der Bürger nur minimale Ausbildungsmöglichkeiten bereitstellt. Um aber wirtschaftlich voranzukommen, muss eine gute Berufsausbildung für sozusagen jedermann geschaffen werden.

DS: Sie hatten als Berufsschullehrer fast 40 Jahre lang guten Kontakt zu jungen Erwachsenen. Konnten Sie in dieser Zeit auch auf die Not in Entwicklungsländern aufmerksam machen?

WF.: Also, für Berufsschüler gab es in 40 Wochen Unterricht zu maximal 12 Wochenstunden eine einzige “Politik-Stunde”, in der zudem die Prüfungsinteressen der Lehrlinge zu berücksichtigen waren. Aber ich habe versucht zumindest auf einzelne Punkte hinzuweisen, z.B. die Preise bestimmter Lebensmittelprodukte, die hier zu unserem Lebensstandart gehören und deren Verkauf ihren Erzeuger nicht ernähren kann.

DS: Sie haben länger als manch anderer in der Partei-Politk mitgemischt. Wenn Sie nun, mit 74 Jahren Bilanz ziehen und von ihrem christlichen Standpunkt aus beurteilen – macht man sich als “Frommer” in der Politik nicht die Finger schmutzig?

WF.: Nun, ich war in der Politik äußerst weit unten angesiedelt. Da ging es nicht um heikle Themen wie Abtreibung, Homosexualität, Steuerschlupflöcher, Vertriebene und “Multikulti”. Vielmehr waren lokale Probleme zu lösen und dabei wurden Eigenschaften wie Geduld, Ausdauer und Kompromissbereitschaft gefordert. Die Parteidisziplin klemmt einen natürlich manchmal zwischen Partei und die Bürgerinteressen ein und es ist eine fortwährende Balance zwischen Taktik und Wahrheit herzustellen!

DS: Der peruanische Botschafter Senor Higueras Ramos sieht mit dem Krankenhausprojekt Diospi Suyana die bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und Peru gestärkt. Wenn Sie sich weiterhin für unser Indianerhospital einsetzen, könnte vielleicht noch das große Verdienstkreuz von Peru auf Sie zukommen. Dann hätten Sie gleich 3 Orden am Revers.

WF.: Sie sollten nicht übertreiben. Für uns, meine Frau und mich, sowie für viele Vereinsmitglieder ist es genug Ehrung, einen Dankesbrief und ein Bild eines geheilten Patienten zu erhalten, vielleicht sogar mit dieser schönen landestypischen farbenfrohen Bekleidung. Dieses Team von Diospi Suyana besticht durch intensiven Einsatz, Opferbereitschaft, Ausdauer, Ausbildungsniveau und Hingabe. Na, da weiß man, was man für dieses Team und letztlich die Patienten tut.

DS: Sie haben Recht, wir müssen ein gutes Team sein vor Ort – mit Freunden in der Heimat, die uns den Rücken stärken. Vielen Dank für das Gespräch!

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